Bei dieser
Untersuchung, die von Konsortiumsmitgliedern der London School of Economics (LSE) und Eurocontrol in Zusammenarbeit mit der European Cockpit Association durchgeführt wurde, handelt es sich um die erste groß angelegte Befragung von Piloten über deren Auffassung zur Sicherheit innerhalb der Branche. Im Allgemeinen ist die europäische Luftfahrt eine äußerst sichere Branche mit beeindruckender Sicherheitsbilanz, die nur wenige Unfälle und Beinahe-Unfälle enthält. Infolgedessen wurde die „Sicherheitskultur“, die in dem Bericht als „sicherheitsbezogene Normen, Werte und Praktiken, die risikobewältigender Gruppen in Organisationen gemein haben“ definiert wird, zu einem Grundpfeiler des effektiven Sicherheitsmanagementsystems in Europa.
Besorgniserregende Ergebnisse
Der Bericht, für den 7 239 Piloten befragt wurden (14 % aller Berufspiloten in Europa) wirft allerdings einige wichtige Fragen hinsichtlich der Auffassungen der Piloten zur Sicherheit in der Luftfahrt auf. Insbesondere sind 51 % der befragten Piloten der Meinung, dass Übermüdung von ihren jeweiligen Fluggesellschaft nicht ernst genommen wird, und 28 % der Piloten denken, dass zu wenig Personal vorhanden ist, um die Arbeit sicher ausführen zu können. Noch bemerkenswerter ist, dass weniger als 20 % der befragten Piloten denken, dass ihre Fluggesellschaft sich um das persönliche Wohlbefinden der Piloten kümmert.
Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse allerdings, dass die Piloten der Sicherheitskultur gegenüber insgesamt positiv eingestellt sind. Die große Mehrheit ist nicht der Meinung, dass sie Risiken eingehen müssten, bei denen sie Bedenken hinsichtlich der Sicherheit hätten, und sie sprechen ihren Kollegen viel Vertrauen aus. Die Ergebnisse zeigen somit, dass die größte Besorgnis den Themen der Übermüdung und Unterbesetzung gilt und dass viele Piloten der Ansicht sind, dass ihre engen Zeitpläne ihnen zu viel abverlangen.
Die Befragung zeigte außerdem erhebliche Unterschiede in der Bewertung der Sicherheitskultur durch die Piloten auf. Diese Unterschiede basieren auf verschiedenen Faktoren wie der Art der Fluglinie, bei der die Piloten angestellt sind, oder der Art ihrer Arbeitsverträge. Piloten, die unter untypischen Arbeitsverträgen oder für wenig Geld bei Frachtfluggesellschaften arbeiten, schätzen die Sicherheitskultur negativer ein als ihre Kollegen, die in einem beständigeren Beschäftigungsverhältnis bei einer Linienfluggesellschaft arbeiten.
Empfehlungen für zukünftiges Vorgehen
Nach gründlicher Analyse der Befragungsergebnisse empfahlen die Projektforscher der Luftfahrtbranche als Reaktion auf diese Erkenntnisse drei Vorgehensweisen. Erstens sollten die Ursachen und mögliche Lösungen für die Bereiche der Sicherheitskultur in der europäischen Luftfahrt ermittelt werden, die von den Piloten weniger positiv aufgefasst wurden, darunter Übermüdung und die Einsatzbereitschaft der Führungsebene hinsichtlich der Sicherheit. Zweitens sollte die Sicherheitskultur bei kommerziellen Luftfahrtgesellschaften systematisch untersucht werden, wie das bereits bei anderen sicherheitskritischen Sektoren wie der Öl- und Gasbranche der Fall ist. Drittens halten die Forscher die Branche dazu an, Möglichkeiten für den organisationsübergreifenden Diskurs zur Sicherheitskultur (z. B. Austausch bewährter Verfahren zwischen den Organisationen) in Erwägung zu ziehen.
„Piloten, Fluggesellschaften und die Behörden müssen einen Dialog einleiten, um die Bedeutung dieser Ergebnisse für die Branche zu verstehen“, kommentierte der Ko-Autor Dr. Tom Reader. „So kann man auf die Sorgen der Piloten eingehen und mögliche Änderungen zum Erhalt der positiven Sicherheitskultur innerhalb der Branche ermitteln und gleichzeitig sicherstellen, dass die europäische Luftfahrt wettbewerbsfähig bleibt.“
Sein Kollege und Ko-Autor Dr. Anam Parand merkte außerdem an: „Unsere Untersuchung zeigt zwar keinen Kausalzusammenhang zwischen Übermüdung und Unfällen auf, die mögliche Auswirkung übermüdeter Piloten auf die Sicherheit ist dennoch besorgniserregend und sollte nicht ignoriert werden. Es sind einige wenige Unfälle festzustellen, bei denen sich andeutete, dass einer der Hauptgründe in Übermüdung bestand.“
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