Die in der Fachzeitschrift
Nature Communications beschriebene Forschung hat zum Thema, wie über eine Wechselwirkung zwischen der Graphen-Bornitrid-Doppelschicht, die bei dem Gerät verwendet wird, Elektronenspins erzielt worden sind. Das Ergebnis ist eine hundertfache Verstärkung des Spinsignals, das hierdurch so stark wird, dass es für Anwendungen aus dem echten Leben genutzt werden kann.
Spininjektion und -detektion
„Spin“ ist ein Begriff, der zur Beschreibung der magnetischen Eigenschaften von Elektronen verwendet wird. Diese lassen sich über ein entweder nach oben oder nach unten gerichtetes Magnetfeld erkennen. Die Wissenschaft der Spintronik versucht dieses Phänomen nutzbar zu machen. Einer der gängigsten Anwendungsbereiche ist die Speicherung, der Transport und die Manipulation von Informationen. Für die Nutzung von Elektronenspins in einem Gerät ist es allerdings erforderlich, den Anteil an Elektronen mit Aufwärtsdrehung („Spin-Up-Zustand“) oder Abwärtsdrehung („Spin-Down-Zustand“), der als Spinpolarisation bezeichnet wird, steuern zu können. Dies hat sich jedoch seit jeher als schwierig erwiesen, da der Anteil an Spin-ups und Spin-downs gering blieb.
Die in dem Paper präsentierte Forschung, die auf die Arbeit des EU-finanzierten Projekts GRAPHENECORE1 (selbst Teil der 2013 initiierten, auf 10 Jahre ausgelegten EU-Initiative „Graphene Flagship“) aufbaut, basiert auf einer anhaltenden Untersuchung des Spinverhaltens bei verschiedenen Materialien. Professor Bart van Wees, Forschungsleiter an der Universität Groningen, meint hierzu: „Spinpolarisation lässt sich erreichen, indem Elektronen durch ferromagnetisches Material gesendet werden.“ Dadurch wird ein Überschuss einer Spinart erzeugt. Bei der Untersuchung wurde insbesondere die Spininjektion – die Integration von Elektronen mit polarisierten Spins in ein Gerät – und die Spindetektion beobachtet.
Das Team konnte demonstrieren, dass die Injektion und Detektion von Spinelektronen in Graphen mithilfe eines „Material-Sandwiches“ effizienter bewerkstelligt werden kann. Den Kern bildete eine ein Atom dicke Graphenschicht, die auf einer Bornitrid-Isolierschicht ruhte, welche sich wiederum auf einem Silizium-Halbleiter befand. Über dem Graphen befand sich eine äußerst dünne Bornitridschicht mit einer Dicke von wenigen Atomen, um die Elektronen in dem Graphen zu schützen.
„Graphen ist ein sehr gutes Material für den Spintransport, es lässt jedoch keine Spinmanipulation zu“, erklärt Professor van Wees. „Zur Injektion von Spins in Graphen müssen diese über den Tunneleffekt dazu angeregt werden, von einem Ferromagneten einen Bornitridisolator zu durchqueren. Wir stellten fest, dass die Verwendung einer Bornitridschicht mit einer Dicke von zwei Atomen in einer sehr starken Spinpolarisation mit bis zu 70 Prozent resultierte, die 10 mal höher als üblich ist .“ Mit einer ähnlich hohen, um das Zehnfache höheren beobachteten Spindetektion wurde das Signal insgesamt um den Faktor 100 verstärkt.
Unerwartete Ergebnisse und potenzielle Anwendungsmöglichkeiten
Ein unerwartetes Ergebnis der hergestellten Geräte war, dass die Polarisation über Stromspannung verstärkt werden konnte. Dies steht entgegen der vorherrschenden Meinung, dass sich Spinpolarisation lediglich durch ferromagnetisches Material erzielen lässt. Es scheint, dass die Spinpolarisation über den Tunneleffekt entsteht, der zur Injektion von Spins in das Graphen der Forschungsgeräte genutzt wird.
Diese Erkenntnisse eröffnen viele neue Möglichkeiten. Professor van Wees vermutet: „Wir können jetzt Spins in Graphen injizieren und diese problemlos messen, nachdem sie eine gewisse Entfernung zurückgelegt haben. Eine Anwendungsmöglichkeit würde sich als Detektor für Magnetfelder anbieten, die sich auf das Spinsignal auswirken.“ Eine weitere Option wäre die Erstellung eines Spin-Logikgatters oder eines Spin-Transistors.
Eines der Hauptaugenmerke der Initiative „Graphene Flagship“ liegt in der Entwicklung von Verfahren zur Hochskalierung der Produktion qualitativ hochwertigen Graphens, die ebenfalls die Ergebnisse verschiedener Unternehmungen zur Maximierung der Abläufe und der Qualität der Endprodukte beinhalten.
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