Dem Satz von Bayes zufolge, den Thomas Bayes aufstellte und der 1763 in einer wissenschaftlichen Arbeit beschrieben wurde, kann die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Zustands, der existiert oder wahr ist, neuen Daten entsprechend aktualisiert werden. Rechenmodelle haben Klarheit über mögliche neuronale Mechanismen der Bayes-Inferenz gebracht.
Eine wachsende Zahl von Hinweisen deutet darauf hin, dass Tiere und insbesondere Menschen zu einer mathematisch optimalen Bayes-Inferenz in der Lage sind, und dass das Gehirn eine Art von Bayes-Inferenzmaschine darstellt. Arbeiten aus jüngerer Zeit, die beschreiben, wie ein neuronales Netzwerk Wahrscheinlichkeitsverteilungen speichern und manipulieren könnte, stützen diese Hypothese weitergehend.
Das EU-finanzierte Projekt "Biological mechanisms for Bayesian inference" (BMBISAMJOHNSON) sollte das Thema erforschen und dabei neuronale Netzwerkmodelle entwickeln, in welche die Bayes-Inferenz zusammen mit anderen Hirnfunktionen wie Arbeitsgedächtnis oder Informationsverarbeitung integriert ist.
Wenn wir zum Beispiel lernen, mit dem Fahrrad zu fahren, stellt die allmähliche Stärkung der Verbindungen (Synapsen) zwischen zwei Neuronen das neurobiologische Substrat des Langzeitgedächtnisses dar. Viele kognitiven Funktionen einschließlich Inferenz, Kurzzeitgedächtnis und sensorischer Speicher gehen jedoch in viel kleineren zeitlichen Maßstäben vor sich.
Das Team entwickelte das Konzept der Cluster-Reverberationen, bei dem kleine Gruppen von Nervenzellen Signale voneinander empfangen, um viele der Merkmale derartiger Funktionen zu erfassen. Die Wissenschaftler schlugen einen Mechanismus vor, mit dem man eine optimale menschliche Inferenz aus unsicheren Sinnesinformationen erhalten kann.
Sie führten überdies zahlreiche weitere mathematische Untersuchungen zu Themen durch, die sehr verschiedene Interessengebiete abdecken. Von Pflanzen-Bestäuber-Netzwerken und Finanzinstituten über die Stichprobenverzerrung bei Forschung im öffentlichen Gesundheitsbereich bis hin zu einem heiß diskutierten Thema in Bezug auf Nahrungsnetzstabilität entwickelten die Forscher neue Konzepte und identifizierten neuartige Netzwerkeigenschaften, die erklären, wie die Welt funktioniert.
Die zusammen mit den ermittelten neuen Netzwerkeigenschaften entwickelten Methoden und Algorithmen werden nun breite Anwendung in der Mathematik, den Wirtschaftswissenschaften, der Biologie und Medizin finden.