Sichere öffentliche Infrastruktur – ein Leben lang

Europäische Forscher haben ein drahtloses Sensorsystem entwickelt, um den Sicherheitszustand großer Infrastrukturbauten zu überwachen. Das neue System verfügt nicht nur über das Potential, die Standfestigkeit alter Strukturen zu überwachen und somit Leben zu retten, sondern hilft auch dabei, schon beim Bau Kosten einzusparen.

Gebäude können durch Erdbeben und Erdrutsche beschädigt oder ihre Sicherheit durch vorliegende Baumängel beeinträchtigt werden. Doch das Einstürzen wichtiger Infrastrukturbauten – insbesondere derer, die von der Öffentlichkeit intensiv genutzt werden, wie etwa Brücken, Tunnel oder historische Monumente –, führt regelmäßig zu zahlreichen tragischen Todesfällen, und könnte in Zukunft vermieden werden, wenn von Beginn an Frühwarnsensoren eingesetzt werden.

Dies veranlasste die Forscher des EU-finanzierten Projekts GENESI, ein drahtloses Sensornetzwerk zur Überwachung des Bauzustands von Infrastrukturobjekten zu entwickeln.

"Die Sensoren sollen über die gesamte Lebensdauer eines Bauwerks hinweg funktionieren, und dabei könnte es sich um Dutzende oder Hunderte Jahre handeln," erklärte Projektkoordinatorin Prof. Chiara Petrioli von der Universität La Sapienza in Rom. "Dies war die technische Herausforderung, mit der wir konfrontiert waren. Allerdings stellten wir fest, dass wir die Sensornetzwerke bereits während der Bauarbeiten anwenden können, um die Konstruktion wenn erforderlich zu verbessern und mehr Sicherheit für die Arbeiter am Bau zu schaffen."

Im Vergleich zu vorhandener Technologie greifen die Sensornetzwerke des GENESI-Projekts nur minimal in die Bausubstanz ein und sind günstig zu installieren und zu warten. Da sie batteriebetrieben sind, eignen sie sich auch für abgelegene Gebiete ohne Stromversorgung und können auch bei Stromausfällen genutzt werden, etwa nach einem Erdbeben.

Die Metro von Rom und eine Autobrücke in der Schweiz

Die Anwendbarkeit der Technologie wurde anhand zweier Pilotprojekte überprüft: den Baustellen der neuen Metrolinie B1 in Rom und der Pont de la Poya-Brücke im schweizer Kanton Freiburg.

Für die Metrolinie wurden mit GENESI-Sensoren ausgestattete Betonsegmente der abschließenden Tunnelauskleidung direkt neben der Tunnelbohrmaschine platziert, um Parameter wie Belastung, Temperatur und Verformung in Echtzeit zu messen.

Die Daten wurden über geschützte energieeffiziente Protokolle, 3G und das Internet an eine Steuer- und Meldeeinheit zurückgesendet, die von Ingenieuren und Geologen des Projekts überwacht wurde. Diese Experten konnten überprüfen, ob bei der Bohrung die Sicherheit der Arbeiter gewährleistet war und der fertiggestellte Tunnel den geforderten Sicherheitsanforderungen entspricht.

Das Netzwerk ist einfacher, schneller und kostengünstiger zu installieren und zu warten als herkömmliche kabelgebundene Sensornetzwerke. Es wird, um ab Inbetriebnahme eine langanhaltende, energieeffiziente Überwachung des Tunnels zu gewährleisten, teilweise durch Mikroturbinen mit Strom versorgt, die durch den Fahrtwind vorbeifahrender Züge angetrieben werden.

Während der Errichtung der Brücke in der Schweiz wurden mithilfe von ca. 25 Sensoren Parameter wie z. B. die auf die Pfeiler wirkende Kraft, die Verschiebung der Lager, der Wind, die Temperatur und der Wasserspiegel des überbrückten Flusses gemessen.

"Das Sensornetzwerk erwies sich als sehr nützlich, da bei Entwurf, Planung und Bau immer eine Menge Unsicherheiten bestehen," so Holger Wörsching, ein Ingenieur der schweizer Solexperts AG, die Messungen durchführt und Partner in GENESI war. "Als die Brücke verschoben wurde, um beide Seiten zu verbinden, erhielten wir Daten zu Verformung und Biegung und konnten überprüfen, dass die Lasten korrekt waren."

Weitere Anwendungen

Solexperts sieht vielerlei Möglichkeiten für diese Technologie und nutzt sie nun auch in einem Zufahrtstunnel für eine Wasserkraftanlage in Innertkirchen und bei einer Alpenbahnstrecke, die häufig von Erdrutschen betroffen ist.

Die Mitarbeiter von Wsense, einem kürzlich gegründeten Spin-off-Unternehmen der Universität La Sapienza mit bereits sechs Beschäftigten, untersuchen derzeit den Einsatz einer miniaturisierten Version des GENESI-Systems zur Überwachung der vielen öffentlichen Kulturerbestätten Italiens. Wsense unterstützt das italienische Kultusministerium bei einer weiteren Anwendung, die bis dato unvorstellbar war: der heiklen Aufgabe, Kunstwerke zwischen Museen zu transportieren.

Im Rahmen des RP7 wurden 2 Millionen Euro in GENESI investiert. Das Projekt lief von April 2010 bis August 2013 und umfasste sieben Partner aus vier Ländern.

veröffentlicht: 2015-04-07
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