Dank staatlicher Förderprogramme und der wachsenden Nachfrage nach
erneuerbarer Energie sind Solarpanel und kleine Windräder auf dem Dach
von Häusern und Gebäuden in ganz Europa keine Seltenheit mehr. Mit Hilfe
von intelligenten Stromnetzen könnten Verbraucher ihre häuslichen
Erzeugungskapazität nutzen, um nicht mehr nur passiver Empfänger von
Strom, sondern interaktives Glied der Energieversorgungskette zu werden -
wodurch sich potenziell CO2-Emissionen in der EU um 9 % und der
Energieverbrauch der Haushalte um 10 % senken ließe.
Damit das jedoch möglich ist, müssen die Verbraucher ihren
Stromverbrauch in Echtzeit überwachen können - damit sie ihren Verbrauch
verwalten und so Energie und Geld sparen können. Ein Netzbetreiber muss
in der Lage sein, entsprechend der jeweiligen Nachfrage die
Stromversorgung sowohl durch zentralisierte Stromkraftwerke als auch
durch eine wachsende Anzahl dieser kleineren Stromerzeugungsquellen
anzupassen.
Das von der EU finanzierte Projekt "Energy-saving information
platform for generation and consumption networks" (ENERSIP) hat einen
Weg entwickelt, um diese Überwachungs- und Anpassungsprozesse zu
verbessern. Indem Energielieferanten und Verbrauchern
Echtzeitinformationen und Schätzungen des Energieverbrauchs zur
Verfügung gestellt werden, könnte die Stromversorgung und -nachfrage
besser aufeinander abgestimmt werden - wodurch sich Abfall verringern
und die Zuverlässigkeit erhöhen lässt.
"Für ein Versorgungsunternehmen ist das Szenarium ideal, wenn nur so
viel Strom produziert wird, wie nötig ist, um den Bedarf zu decken",
erklärt Dr. Leire Bastida, Koordinatorin des Projekts ENERSIP.
"'Manchmal bedeutet das, dass die geschätzte Nachfrage vorhergesagt und
notwendige Maßnahmen festgelegt werden müssen, wenn die Nachfrage
Spitzenwerte erreicht, aber es kann auch besser sein, stattdessen zu
versuchen, die Nachfrage zu verringern. Wir wollten Hilfsmittel
entwickeln, die Lieferanten und Verbraucher dabei unterstützen, optimale
Entscheidungen zu treffen, um Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht zu
halten."
Anpassung
Die ENERSIP-Partner haben daher gemeinsam eine offene Plattform
entwickelt, die eine Reihe von Diensten zur Energieüberwachung und
-kontrolle bereitstellt, mit denen die Flexibilität und
Reaktionsfähigkeit des Stromnetzes verbessert werden soll.
"Unsere Plattform und Dienste wurde entwickelt, um einen Abgleich
von Energieerzeugung und -verbrauch in nahezu Echtzeit in Wohn- und
Gewerbegebäuden und der gesamten Nachbarschaft zu ermöglichen", sagt Dr.
Bastida. "ENERSIP erfordert die Entwicklung und Implementierung vieler
verschiedener Technologien, wie z. B. Sensoren und drahtlose
Kommunikationsgeräte, die den Stromverbrauch von Haushaltsgeräten
überwachen, Algorithmen, die den Energiebedarf vorhersagen, und
Kontrollsysteme, die Geräte ausschalten und Erzeugungssysteme
einschalten können."
"Außerdem wollten wir das Verhalten der Verbraucher verändern", sagt
Dr. Bastida. "Die Macht des Internets und der sozialen Netze spielt
eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht die Verbraucher aufzuklären
und sie dazu anzuregen ihre Gewohnheiten beim Energieverbrau zu
ändern."
Dr. Bastida zufolge war die Projektstrategie eigentlich ganz
einfach: die Erreichung einer hohen Energieeffizienz durch eine Mischung
aus Koordinierung, geeignetem Ressourcenmanagement im Stromnetz und
Veränderung des Verbraucherverhaltens durch genaues Feedback und
Empfehlungen. Wenn die Benutzer damit den Energieverbrauch senken, ließe
sich im Gegenzug auch die Belastung für die Energieerzeugung und
-versorgung reduzieren.
Von der Überwachung hin zur Vorhersage
Der Schlüssel für liegt ENERSIP in der Kommunikation zwischen allen
Geräten in einem Haushalt - und idealerweise in jedem Haus der gesamten
Nachbarschart. Das Projekt entwickelte eine Reihe intelligenter Stecker,
mit denen Geräte an die Stromversorgung angeschlossen werden können, um
den Stromverbrauch zu überwachen. Diese Daten werden drahtlos in
Echtzeit an einen Konzentrator gesendet, der die Daten sammelt und per
Internet an den lokalen Stromlieferanten oder -verteiler weiterleitet.
"Diese Verbrauchsdaten sind absolut entscheidend für unsere Ideen",
erklärt Dr. Bastida. "Wenn dieses Datenniveau erst einmal erreicht ist, -
insbesondere für eine ganze Nachbarschaft oder einen größeren
Gewerbestandort - kann man zur eigentlichen Analyse übergehen, Muster
ermitteln und, was besonders wichtig ist, mit Vorhersagen beginnen. Wenn
sich Verbrauchsspitzen vorhersagen lassen, kann mit dem Ausgleich von
Angebot und Nachfrage begonnen werden, indem die Erzeugung effizienter
erhöht wird oder überflüssige Geräte ausgeschaltet werden, bis die
Nachfrage wieder zurückgeht."
Diese intelligenten Stecker wurden mit verschiedenen Arten von
Geräten verwendet, angefangen von einfachen Lampen und elektrischen
Heizgeräten bis hin zu intelligenten Geräten, wie z. B. Fernsehgeräten
und Computern. Die Forschungsarbeiten im Rahmen von ENERSIP erstreckten
sich auch auf Tests, wie diese Geräte mit einander und anderen Netzen
innerhalb von Geäbuden kommunizieren sollten, um eine intelligente
Infrastruktur im Gebäude zu errichten, die aus der Ferne oder
automatisch kontrolliert werden kann. Das ENERSIP-Team untersuchte auch,
wie ein derartiges System auf die gesamte Nachbarschaft ausgedehnt
werden kann.
"Wir stellten sicher, dass unsere drahtlose Kommunikation mit
Standorten in der gesamten Nachbarschaft über eine integrierte Redundanz
verfügt, da man, sobald man sich auf diesen Datenflluss zu Verwaltung
des Stromnetzes verlässt, auch in einem Chaos landen kann, wenn das Netz
einmal ausfällt", bemerkt Dr. Bastida. "Wir kombinierten
Mobilfunknetze, öffentliche Funknetze und kabelgebundene Breitbandnetze,
um das nachbarschaftumspannende Kommunikationsnetz aufzubauen. Obwohl
der Schwerpunkt des Projekts auf der Optimierung von Stromversorgung und
-verbrauch lag, war die Entwicklung sicherer und effizienter
Datenkommunikation auf technischer Seite ebenfalls eine große
Herausforderung."
Verhaltensänderung - basierend auf Information
Die vielleicht größte Herausforderung für das Projekt lag jedoch in
seinem umfassenden Konzept für die Rückführung der Informationen zu den
Verbraucher, sodass diese entsprechendende Maßnahmen ergreifen können.
ENERSIP erschuf eine Internetplattform, auf der Haushalte ihren
Verbrauch ablesen und ihren Stromverbrauch entsprechend des Angebots und
dem Preis anpassen konnten.
"Man kann ein System mit schlauen Algorithmen aufbauen, das
Spitzenwerte vorhersagt, den Verbrauch vorwegnimmt und die Erzeugung auf
intelligente Weise kontrolliert. Aber unsere Emissionen werden sich
erst senken lassen, wenn die Menschen ihre Gewohnheiten und ihr
Verhalten ändern", sagt Dr. Bastida. "Wir sind überzeugt, dass die
Menschen nachhaltige Entscheidungen treffen und Teil des
Optimierungsprozesses werden, wenn wir ihnen Informationen liefern und
sie bei der Entscheidungsfindung untersützten."
Die ENERSIP-Internetplattform bietet den Verbrauchern Empfehlungen
(basierend auf den Informationen aus deren Nachbarschaft und
Vorhersagekapaziäten), wie sie ihren Verbrauch optimieren können, indem
sie beispielsweise die Waschmaschine (per Microchip im Stecker) um 3.00
Uhr und nicht um 20.00 Uhr einschalten, wenn Verbrauchsspitzen erreicht
werden.
Das ENERSIP-System wurde in zwei Pilotversuchen getestet, mit denen
die entwickelte Technologie validiert wurde, während das Projektteam
anhand von Simulationen ein theoretisches Energieeinsparpotenzial von
bis zu 30 % nachwies.
"Das zeigt, die heutzutage existierende Unwirtschaftlichkeit, wenn
Angebot und Nachfrage nicht aufeinander abgestimmt sind", sagt Dr.
Bastida. "Am überraschendsten war aber vielleicht unsere Erkenntnis,
dass die Hälfte der Energieeinsparungen durch das ENERSIP-Internettool
für Benutzer und die daraus resultierende stärkere Sensibilisierung
unserer freiwilligen Verbraucher für Energieeffizienz erzielt wurde."
Weiterführung
Die Projektpartner von ENERSIP werden ihre Prototyptechnologien und
-konzepte weiter entwickeln, wozu u. a. Einsteckfühler und Regler zur
automatischen und per Fernzugriff durchgeführten Steuerung der Geräte
sowie Tools und mobile Apps zur Online-Energieverwaltung gehören. Die im
Projekt entwickelten Optimierungsalgorithmen werden auch auf Business
Intelligence Tools und Entscheidungsmanagement-Systeme angewendet.
"Wir haben keinen Zweifel daran, dass die Menschen der Schlüssel zur
Lösung unserer Energiekrise sind", unterstreicht Dr. Bastida. "Wir
können nur dann deutliche Energieeinsparungen erzielen, wenn die
Menschen ihr Verhalten ändern. Systeme wie ENERSIP können dazu
beitragen."
Die Technologien des ENERSIP-Projekts - die Überwachung und
Vorhersage des Energieverbrauchs und die Bereitstellung von Feedback an
den Verbraucher - haben das Potenzial, einen ersten Schritt zur
Verwirklichung dieser Energieeinsparungen zu ermöglichen und uns auf den
Weg für intelligente Stromnetz in naher Zukunft zu ebenen.
Link zum Projekt auf CORDIS:
-
RP7 auf CORDIS-
Datenblatt des Projekts ENERSIP auf CORDIS
Link zur Projektwebsite: -
Website des Projekts "Energy-saving information platform for generation and consumption networks" website
Link zu weiterführendem Video:
-
Videos des ENERSIP-Projekts
Weitere Links:
-
Website er Europäischen Kommission zur Digitalen Agenda