In IT-Kreisen hört man wahrscheinlich eher selten von Perowskiten, eine neue Forschungsarbeit der Universität Oulu könnte jedoch dafür sorgen, dass hieraus ein angesagtes Thema wird. Perowskiten, Elemente aus der Mineralklasse (ferroelektrisches Material gefüllt mit winzigen elektrischen Dipolen), wurden erstmals im Jahr 1839 von Gustav Rose im russischen Ural entdeckt. Das Mineral ist vor allem für seinen wichtigen Beitrag im Solarenergiesektor bekannt. Dort werden Perowskit-Solarzellen aufgrund ihrer Kosteneffizienz, Flexibilität und einfachen Herstellung geschätzt.
Die Perowskiten, die in Solarzellen zum Einsatz kommen, sind jedoch lediglich eine von zahlreichen vorhandenen Varianten. Auch wenn sie die richtigen Eigenschaften aufweisen, um Sonnenenergie effizient in Elektrizität umzuwandeln, können andere Mitglieder aus der Klasse der Minerale Energie anhand von Temperatur- und Druckveränderungen nutzbar machen, die aufgrund von Bewegung entstehen.
Der entscheidende Punkt ist, dass Perowskiten verschiedene Arten von Energie nach und nach „ernten“, jedoch nicht gleichzeitig. In den meisten Fällen sind Energieformen wie Wärme, Sonnenlicht und Bewegung nicht dauerhaft vorhanden. Die Nutzung lediglich einer dieser Energieformen für den Betrieb von bspw. biometrischen Sensoren oder von Smartwatches ist daher nicht realistisch.
Hierbei tut sich das spezifische Perowskit KBNNO in positiver Weise hervor, das von Forschern im Rahmen des EU-finanzierten Projekts NEXTGENERGY untersucht wird: Das Mineral kann mehrere Formen von Energie gleichzeitig nutzen. Es gibt zwar bereits Vorrichtungen, die in der Lage sind, diese Funktion zu erfüllen, dies wird jedoch über die Kombination unterschiedlicher Materialien erreicht. Das KBNNO kann diese Aufgabe eigenständig erledigen.
Vorhergehende Studien waren bereits auf die Photovoltaik- und allgemeinen ferroelektrischen Eigenschaften von KBNNO fokussiert. Diese Studien, die mehrere hundert Grad unter dem Gefrierpunkt durchgeführt worden waren, hatten bereits gezeigt, dass die Dipole des KBNNO bei Temperaturveränderungen anders ausgerichtet werden und folglich elektrischer Strom induziert wird. Die elektrische Ladung sammelt sich entsprechend der Richtung, in welche die Dipole zeigen, an und das sich verformende Material verursacht, dass bestimmte Regionen Ladungen anziehen oder abstoßen, wobei abermals Strom erzeugt wird.
Was bislang jedoch nicht bekannt war, ist das Verhalten des Materials über Raumtemperatur. Die NEXTGENERGY-Forscher zielten nicht nur darauf ab, diese Wissenslücke zu schließen, sondern fokussierten sich hierbei gleichzeitig auf andere KBNNO-Eigenschaften, die mit Temperatur oder Druck in Zusammenhang stehen.
Die Experimente des Teams zeigen, das KBNNO bei der Erzeugung von Elektrizität aus Wärme und Druck eine recht gute Leistung zeigt, andere Perowskite jedoch noch besser sind. Die Experimente verdeutlichen zudem, dass das KBNNO zur Verbesserung der pyroelektrischen und piezoelektrischen Eigenschaften modifiziert werden kann. „Es ist möglich, dass sich alle diese Eigenschaften auf eine Maximalstelle einstellen lassen“, sagte Yang Bai, Marie-Sklodowska-Curie-Fellow an der Universität Oulou.
Yang Bai und sein Team arbeiten bereits an diesem verbesserten Material. Im Laufe des kommenden Jahres soll eine Prototypenvorrichtung für das Multi-Energie-Harvesting gebaut werden, die bereits in den nächsten Jahren auf den Markt gelangen könnte.
„Dies wird die Entwicklung des Internet der Dinge und intelligenter Städte voranbringen, in denen Strom verbrauchende Sensoren und Geräte energieschonend sein können“, sagte Bai. Ohne dass Steckdosen oder Batterien erforderlich wären, könnten solche Vorrichtungen tatsächlich den Anbeginn einer neuen Ära für die Hersteller intelligenter Geräte einläuten.
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