Gemeinhin wird angenommen, dass DO-Ereignisse eng mit deutlichen Veränderungen des arktischen Meereises zusammenhängen. Solche Veränderungen führen zu einer Rückkopplung, durch die die Temperaturen in der Polarregion steigen, und durch nähere Erforschung dieses Zusammenhangs könnte in Zukunft genauer vorhergesagt werden, wie das arktische Meereis auf den sich aktuell vollziehenden Klimawandel reagieren wird.
Im Rahmen ihres Forschungsprojekts SEADOG (Sea ice across Dansgaard-Oeschger events in Greenland) analysiert Dr. Rhodes nun Aufzeichnungen zur Konzentration von Meersalz und Methansulfonsäure in Eisbohrkernen aus Grönland. Damit möchte sie feststellen, ob diese Eisbohrkerne als Proxys für die Fläche des arktischen Meereises herangezogen werden können. Derzeit untersucht sie vier Datensätze zu Eisbohrkernen auf räumliche und zeitliche Variabilität innerhalb von DO-Ereignissen hin und erforscht die Auswirkungen auf die Ablagerung mariner Aerosole auf den Grönländischen Eisschild mithilfe von p-TOMCAT, einem Modell zum chemischen Transport.
Dank ihrer Entdeckungen konnte Dr. Rhodes das p-TOMCAT-Modell optimieren, um die heutige Meersalz-Aerosol-Ablagerung über Grönland widerzuspiegeln. Mit der laufenden Arbeit werden Szenarien ermittelt, in denen hinsichtlich der DO-Ereignisse ein Zusammenhang zwischen Veränderungen des Meereises und den aus Eisbohrkernen gewonnenen chemischen Daten feststellbar ist.
Was sind DO-Ereignisse, und warum ist es so wichtig, sie besser zu verstehen?
Bei DO-Ereignissen handelt es sich um schnelle und abrupte Veränderungen des Klimas in nördlichen Breitengraden, die sich während der letzten Kaltzeit ereigneten. Sie sind nach zwei berühmten Wissenschaftlern benannt, die mit Eisbohrkernen arbeiteten: Willi Dansgaard (Dänemark) und Hans Oeschger (Schweiz), die diese Ereignisse anhand der Verhältnisse der stabilen Isotope (einem Temperatur-Proxy) des Wassers grönländischer Eisbohrkerne belegten.
Weshalb wissen wir noch nicht mehr über diese Ereignisse?
Wir wissen bereits eine ganze Menge über sie. Beispielsweise lässt sich von den Eiskernen aus Grönland ableiten, dass sich die Durchschnittstemperatur auf dieser Insel über Jahrhunderte hinweg um 5 °C bis 16,5 °C veränderte. Wir wissen allerdings immer noch nicht, wodurch diese Ereignisse letztendlich verursacht werden. Mehrere Theorien beziehen sich auf die Fläche des arktischen Meereises, doch die paleoklimatischen Archive liefern noch nicht ausreichend Belege, um dies zu untermauern.
Wie gingen Sie dann vor, um aus den Eiskernen die benötigen Informationen zu gewinnen?
Ich orientiere mich an den Konzentrationen von Meersalz (NaCl), die in den grönländischen Eiskernen gemessen wurden. Die Meersalzkonzentration ist relativ leicht messbar, hinsichtlich der klimatischen oder umweltbezogenen Veränderungen jedoch schwer zu interpretieren, da hier noch zahlreiche weitere Faktoren eine Rolle spielen und berücksichtigt werden müssen. Insbesondere meteorologische Veränderungen, etwa hinsichtlich der Wettersysteme oder des Transports des Meersalzaerosols durch die Atmosphäre hin zu der Stelle, an der schließlich der Eisbohrkern entnommen wurde, wirken sich bekanntermaßen auf die gewonnenen Informationen aus.
Ich nutze das Modell p-TOMCAT zum atmosphärischen und chemischen Transport, um zu untersuchen, in welchem Umfang die Meersalzkonzentration in Eisbohrkernen durch die Fläche des Meereises und meteorologische Faktoren beeinflusst wird. Dies wird zur Beantwortung der Frage beitragen, ob abrupte Änderungen der Meersalzkonzentration, die sich während DO-Ereignissen vollziehen, mit dem Status des arktischen Meereises in Zusammenhang gebracht werden können.
Welche Ergebnisse konnten Sie bis heute verzeichnen?
Zunächst konzentrierte ich mich auf die Abläufe, von denen die Meersalzkonzentration in den grönländischen Eisbohrkernen heute abhängt. Ich habe p-TOMCAT modifiziert, sodass mit dem Modell die Meersalzkonzentration im abgelagerten Schnee berechnet werden kann. Nun können sowohl die Konzentration als auch die Saisonalität des in den Eisbohrkernen gespeicherten Meersalzes reproduziert werden. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die in den in den Bohrkernen gemessene Meersalzkonzentration über mehrere Jahre hinweg in erster Linie durch meteorologische Faktoren beeinflusst wird, der Status des Meereises sich jedoch in vergleichbarem Umfang auswirken kann. Nun überprüfe ich, wie stark sich die Meereisfläche verändern muss, bis dies die meteorologischen Faktoren ausgleicht und zum dominanten Faktor wird.
Wie können diese Erkenntnisse dazu beitragen, die zukünftige Entwicklung des arktischen Meereises vorauszusagen?
Dank dieser Arbeit werden wir besser nachvollziehen können, ob und wie die Meersalzkonzentration in den grönländischen Eisbohrkernen als Proxy für die Fläche des arktischen Meereises herangezogen werden kann. Sollte dies möglich sein, könnten wir die Auswirkungen der schwankenden Meereisfläche und der meteorologischen Faktoren auf die Salzkonzentration voneinander trennen, sodass die Meersalzkonzentration mit hoher Zuverlässigkeit als Meereis-Proxy genutzt werden könnte. Die Rekonstruktion der Veränderungen des arktischen Meereises während abrupter DO-Ereignisse ist besonders wichtig, da wir letztendlich verstehen müssen, wie das arktische Meereis auf einen sich rasant vollziehenden Klimawandel reagiert – etwa auf den, der sich gerade ereignet.
Was möchten Sie noch erreichen, bis die Projektlaufzeit nächstes Jahr endet?
Inzwischen werden die Prozesse, welche die Zusammensetzung der Eisbohrkerne bestimmen, im Kontext der aktuell in der Polarregion herrschenden Bedingungen gut verstanden. Daher passe ich das Modell nun an, um mithilfe der meteorologischen und meereisbezogenen Daten Tests durchzuführen, die Aufschluss über die letzte Kaltzeit liefern, in der auch DO-Ereignisse stattfanden. Es wird sehr interessant sein, zu testen, wie die simulierte Meersalzkonzentration auf die gewaltigen Veränderungen hinsichtlich Klima und Meereis reagiert, die sich im Rahmen von DO-Ereignissen vermutlich vollziehen.
SEADOG
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