Kürzlich entdeckte Quasare bringen uns der Entstehung des Universums näher

Wie die ersten Galaxien und Schwarzen Löcher des Universums entstanden sind, ist eine Frage, die noch beantwortet werden muss. Mithilfe modernster Anlagen ist es dem Projektteam von COSMIC_DAWN gelungen, zuvor nicht zugängliche Quasare zu erkennen und deren physikalische Eigenschaften zu charakterisieren.

Es begann alles mit einigen der grundlegendsten Fragen, die jemals in der Kosmologie gestellt wurden: Wie haben die ersten Lichtquellen das Universum gebildet und reionisiert?

Nach fünf Jahren Arbeitsaufwand und dank sehr gründlicher Durchmusterungen unseres Himmels ist man im Projekt COSMIC-DAWN (The Emergence of Black Holes and Galaxies in the Universe) der Beantwortung dieser Frage und somit dem Verständnis, wie der Übergang von den kosmischen „dunklen Zeiten“ zum Universum, wie wir es heute kennen, erfolgt ist, einen wichtigen Schritt näher gekommen. Die Identifizierung von mehr als 50 der am entferntesten gelegenen Quasare, die bis heute gefunden wurden, sowie die großen Fortschritte bei der Charakterisierung der physikalischen Eigenschaften früher Galaxien machen dieses Projekt für die wissenschaftliche Gemeinschaft unglaublich wertvoll.

Warum ist es wichtig, Quasare und Galaxien der frühesten Epochen besser zu verstehen?

Dr. Fabian Walter: Indem wir Quasare im sehr frühen Universum finden und untersuchen, können wir wichtige Informationen über die Bildung der frühesten supermassereichen Schwarzen Löcher und ihrer Muttergalaxien erhalten. Wir entdecken nun Quasare einer Zeit, in der das Universum nur 750 Millionen Jahre alt war, also nur etwa 1/20 seines heutigen Alters hatte. Und dennoch finden wir dort supermassereiche Schwarze Löcher von mehr als einer Milliarde Sonnenmassen. Diese Massen können es mit denen der massereicheren Schwarzen Löcher aufnehmen, die im heutigen Universum vorkommen. Dies stellt die rasche Bildung von supermassereichen Schwarzen Löchern vor Herausforderungen, da wenig Zeit ist, um solche Strukturen zu bilden. Gleichermaßen befinden sich akkretierende supermassereiche Schwarze Löcher in Gasreservoirs, die eine signifikante chemische Anreicherung aufweisen. Diese Anreicherung kann nur durch eine vorangehende Generation massiver Sternbildung erklärt werden. Auch dies legt wichtige Randbedingungen für die Sternbildung in den frühesten massereichen Galaxien des Universums fest.

Wie unterscheidet sich das Projekt von früheren Versuchen, dieses Wissen zu erlangen?

Diese Quasare sind extrem selten, und daher sind umfassende Himmelsdurchmusterungen erforderlich, um sie auszuwählen. Unser Team hatte privilegierten Zugriff auf die neueste Multi-Wellenlängen-Himmelsdurchmusterungstechnik, die so genannte Pan-STARRS1-Durchmusterung. Sie wurde in einem geeigneten Observatorium in Hawaii durchgeführt und war unter anderem darauf ausgelegt, Quasare mit Rotverschiebungen zu finden, die vorher nicht erreichbar waren. Dadurch eröffneten sich neue Auswahlverfahren (insbesondere aufgrund eines Rotfilters, der mit dieser neuen Anlage erstmals zugänglich war). Dank unserer Bemühungen konnten wir den bekannten Quasarbestand verdreifachen und die Rotverschiebungsgrenze auf ein früheres kosmisches Alter ausdehnen.

Was waren Ihrer Ansicht nach die wichtigsten Erkenntnisse?

Die Suche nach den Quasaren ist zeitaufwendig und langwierig. Für die Gemeinschaft war es von Bedeutung, eine große Stichprobe an Quasaren mit hohem z-Wert aufzubauen. Wenn die Quasare erst einmal gefunden sind, kann man sie mit modernsten Multilambda-Observatorien (die am Boden oder im Weltraum stationiert sind) verfolgen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse war die Feststellung, dass einige der Quasare in übermäßigen Dichten von Galaxien leben, die bereits vorhanden waren, als das Universum weniger als eine Milliarde Jahre alt war. Unsere nachfolgenden Beobachtungen erbrachten auch den Nachweis von riesigen Gasmengen, die ausreichen, um eine künftige Sternbildung zu fördern, und sie lieferten Beweise für eine laufende Sternbildung in den Muttergalaxien.

Wie sind Sie vorgegangen, um zu diesen Ergebnissen zu gelangen?

Einige der wichtigsten Ergebnisse wurden erzielt, indem die neu entdeckten Quasare mit dem neuen Radiointerferometer Atacama Large (Sub-)Millimeter Array (ALMA) und über das Observatorium IRAM NOEMA in den Französischen Alpen angepeilt wurden. Das Radiointerferometer befindet sich in Chile auf einer Höhe von 5 000 Metern und bietet bei weitem die besten Millimeterwellen-Beobachtungen weltweit. Diese Beobachtungen waren entscheidend, um die übermäßigen Dichten von Galaxien um die Quasare herum nachzuweisen sowie um die genauen Gas-/Staubeigenschaften der Muttergalaxien zu charakterisieren.

Welche Wirkung auf die wissenschaftliche Gemeinschaft erhoffen Sie sich von diesem Projekt?

Unsere Ergebnisse schränken die Theorien zur frühen Strukturbildung stärker ein, da die theoretischen kosmologischen Modelle erklären und belegen müssen, warum es Schwarze Löcher von mehr als einer Milliarde Sonnenmassen sowie Gas und Staub gibt, die chemisch angereichert sind. Dieses Beobachtungsprojekt ist daher sowohl für Theoretiker als auch für numerische Simulationen des frühen Universums von hoher Relevanz.

Gibt es Pläne für die Zeit nach Projektende?

Bislang konnten wir uns nur auf die Charakterisierung des akkretierenden supermassereichen Schwarzen Lochs und des Gases/Staubs in den Muttergalaxien der Quasare konzentrieren. In den Quasaren konnten noch keine Sterne nachgewiesen werden, obwohl man erwartet, dass es darin eine massereiche stellare Komponente geben muss. Dies ist wahrscheinlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass die zentrale, helle Emission der Quasare, welche durch die Akkretion auf das zentrale supermassereiche Schwarze Loch gespeist wird, das stellare Licht überstrahlt. Das Weltraumteleskop der nächsten Generation (JWST) wird in der Lage sein, die frühen Sterne, welche die Quasare bilden, letztlich zu erkennen. Wir planen, umfassende Beobachtungsprogramme aufzulegen, um eine Auswahl an Quasaren mit JWST zu beobachten. Diese Programme werden voraussichtlich Anfang 2019 beginnen.

COSMIC_DAWN
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Datum der letzten Änderung: 2017-10-27 17:15:01
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