Auswirkungen der Schwerkraft auf den Blutdruck

Das Herz-Kreislauf-System beruht auf einem komplexen Zusammenwirken von Kontrollmechanismen, die Blutdruck und Hirndurchblutung aufrechterhalten, was bei Astronauten jedoch durch den Wiedereintritt in die Atmosphäre gestört ist. Neue Studien zu diesen Mechanismen sollen dazu beitragen, Gegenmaßnahmen zu entwickeln.

Unter normalen Bedingungen fließt das Blut über die Beine nach oben bis zum Kopf, und zwar entgegen der hydrostatischen Schwerkraft, auch bei aufrechter Körperhaltung (Orthostase). Dies ist vor allem auf eine Erhöhung des peripheren Gesamtwiderstands durch Vasokonstriktion zurückzuführen. Die Kontraktion der Beinmuskulatur kann die Venenkonstriktion ergänzen, und Venenklappen verhindern, dass das Blut in den Adern zurück fließt.

In einigen Fällen ist dieses Kontrollsystem allerdings gestört. Orthostatische Hypotonie oder Intoleranz (niedriger Blutdruck bei aufrechter Körperhaltung) ist ein anhaltendes Problem beim Wiedereintritt in die Atmosphäre nach Schwerelosigkeit. Durch mangelnde Durchblutung kann es zu Funktionsstörungen im Gehirn kommen, deren Ursachen allerdings noch nicht geklärt sind. Um entsprechende Gegenmaßnahmen treffen zu können, untersuchte das EU-finanzierte Projekt ARTHEROSPACE (Arthero-Space-Projekt: A model based exploration of the regulatory mechanism of the microcirculation for the prevention of orthostatic intolerance) nun genauer die körpereigene Reaktion.

In einer Reihe von In-vivo-Experimenten wurde mittels Kipptisch und Unterdruck auf den Unterleib orthostatischer Stress induziert und anschließend die Wechselwirkung mit dem Muskelpumpeffekt untersucht. Der erhöhte Blutrücklauf über die Muskelverengung erzwingt eine Venenkonstriktion. Die hämodynamische Reaktion auf die Wadenmuskelkontraktion war sowohl mit als auch ohne orthostatischen Stress ähnlich.

In einer zweiten In-vivo-Versuchsreihe wurde mittels nicht-invasiver Ballistokardiographie der mechanische Rückstoß (Beschleunigungssignal) des Körpers als Antwort auf die Herzaktivität gemessen. Die Probanden wurden bei statischen und dynamischen Kniebeugen sowie synchronisierter Atmung überwacht. Die Daten können in Kombination mit Computermodellen den Einsatz der Ballistokardiographie in klinischer Umgebung unterstützen.

Die Forschergruppe entwickelte auch ein eindimensionales biomechanisches Modell, um die Rolle der Schwerkraft auf die venöse Blutdruckregulation zu untersuchen. Mit dem Modell kann die Hämodynamik in drei verschiedenen Konfigurationen untersucht werden: an einer einzelnen Arterie/Vene ohne Klappen, mit Klappen und schließlich an oberflächlichen Venen. Das Modell stellte die Bedeutung der proximalen Venenklappen und des oberflächlichen Venensystems für die Wirksamkeit der Muskelpumpe unter Beweis.

ARTHEROSPACE liefert damit wichtige Erkenntnisse zu den Mechanismen orthostatischer Hypotonie, die für die sichere Rückkehr von Astronauten zur Erde von größter Bedeutung sind.

veröffentlicht: 2015-10-26
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