Neue Algorithmen lösen die Rätsel evolutionärer Entwicklungen
Aktuelle genomische Daten stellen den klassischen phylogenetischen Baum infrage. Mithilfe von mathematischen Tools und Rechentools können komplexe evolutionäre Beziehungen mit dem vielschichtigeren phylogenetischen Netz akkurater dargestellt werden.
In der Phylogenetik werden evolutionäre Beziehungen zwischen
verschiedenen Artengruppen als Baumdiagramm dargestellt. Ein
phylogenetischer Baum kann jedoch nicht alle genetischen Prozesse, die
sich im Laufe der Evolution abgespielt haben, angemessen wiederspiegeln.
So werden durch die Zuordnung verschiedener Genloci und Prozesse wie
dem horizontalen Gentransfer und der Rekombination Beziehungen zwischen
gegensätzlichen Spezies hergestellt.
Die am Projekt LIFENET (New algorithmic and mathematical tools to construct a net of life) beteiligten Forscher entwickelten Algorithmen zur Erstellung eines phylogenetischen Netzes. Das Team untersuchte die genetische Rekombination bei Viren, um neue Einblicke in die Evolution von Viren wie HIV zu gewinnen.
Es gelang den Forschern, einen Algorithmus zur Quantifizierung der Hybridisierung bei einer beliebigen Anzahl an Baumdiagrammen zu erstellen. Bis dato war dies auf zwei Baumdiagramme beschränkt. Darüber hinaus wurde die Parsimonieanalyse von Baumdiagrammen auf phylogenetische Netze ausgeweitet. Hielt man sich an die bisher gängigen Parsimoniekonzepte, entstanden Netzwerke, die nur von eingeschränkter biologischer Relevanz waren. Daher stellten die am LIFENET-Projekt beteiligten Forscher eine neue Definition für Parsimonie im Kontext phylogenetischer Netzwerke auf.
Zudem konnten die Forscher mehr Klarheit in die komplexe Berechnung phylogenetischer Bäume bringen und einige Entscheidungsprobleme diesbezüglich lösen. So zeigte das Projekt beispielweise, dass die Quantifizierung aller Bäume, aus der ein phylogenetisches Netz besteht, eine große Herausforderung ist.
Die Forschungsergebnisse wurden in einigen anerkannten Fachzeitschriften veröffentlicht. Ferner trug das Projekt zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Forschern in Deutschland, den Niederlanden, Neuseeland und den USA bei.
Zudem können dank LIFENET nun auch zahlreiche verschiedene Genveränderungen in einem phylogenetischen Netz bzw. einem phylogenetischen Baum berücksichtigt werden. Durch die Evolution kommt es immer wieder zu komplexen Interaktionen, und es ist wichtig, dass diese bei der Behandlung von Krankheiten bedacht werden.
veröffentlicht: 2015-08-28