Erkennung von Bindewörtern
Die Art und Weise, wie Sprachen erlernt werden, soll neuen Aufschluss zur Arbeitsweise des Gehirns geben. Ein EU-finanziertes Projekt untersuchte, wie Kinder und Erwachsene Bindewörter benutzen und erkennen.
Bindewörter wie "so" oder "weil" verknüpfen zwei Satzteile miteinander.
Jede Sprache verfügt über ein oder mehrere Bindewörter, die vielseitig
eingesetzt werden, etwa um kausale Zusammenhänge darzustellen oder zwei
Ereignisse in Bezug zu setzen.
Das Projekt "Discourse connectives and the mind: A cross-linguistic
analysis of processing and acquisition" (DISCOM) untersuchte kognitive
Unterschiede bei der Erkennung von Bindewörtern in der eigenen und der
Zweitsprache.
Der erste Teil der Studie untersuchte, wie Kinder Bindewörter
erkennen, speziell bei Kindern, die gleichzeitig Niederländisch und
Französisch lernen. Im Niederländischen wird ein kausaler Zusammenhang
durch zwei Bindewörter ausgedrückt, im Französischen hingegen nur durch
eines. Trotz dieser Unterschiede erkannten die Kinder auf ähnliche Weise
objektive und subjektive Kausalzusammenhänge, was nahe legt, dass das
Verständnis von Sprache vom kognitiven Entwicklungsstand abhängt.
Im zweiten Teil der DISCOM-Studie wurde verglichen, wie Erwachsene
und Kinder Bindewörter im Text erkennen. Da in diesem Fall Erwachsene
den Text viel besser verstanden als Kinder, wird angenommen, dass der
spezifische Einsatz von Bindewörtern erst in der späteren Entwicklung
durchschaut wird. Ein Test mit autistischen Personen ergab, dass deren
typische Probleme mit zwischenmenschlicher Kommunikation teilweise auf
sprachliche Strukturen zurückgeführt werden könnten.
Im letzten Experiment sollten Probanden, deren Muttersprache weder
niederländisch noch französisch war, einen Text lesen. Dabei zeigten
sich bei den Nicht-Muttersprachlern zwar grammatikalische
Unsicherheiten, Verknüpfungen wurden aber ebenso gut erkannt wie von
Muttersprachlern. Obwohl das Verständnis beeinträchtigt sein könnte,
weil keine Eins-zu-eins-Übersetzung eines bestimmten Bindeworts
existiert, kann dessen Bedeutung jedoch kognitiv erschlossen werden.
Die Studie liefert damit neue Einblicke in das Erlernen und
Verständnis von Zweitsprachen, was Lehrern beim Sprachunterricht zugute
kommen könnte. Außerdem bieten sich neue therapeutische Möglichkeiten
für Erkrankungen wie Autismus, die zum Teil auf Sprachdefiziten beruhen.
veröffentlicht: 2015-02-03