Hefen sind eine vielfältige Gruppe einzelliger Organismen, die ein großes ungenutztes Potenzial für Entwicklungen im Lebensmittel- und im Gesundheitssektor darstellen. Es gibt mehr als 1 500 durch biologische Vielfalt geprägte Arten von Hefe, wobei Saccharomyces cerevisiae – besser bekannt als Backhefe – seit Jahrhunderten wegen ihrer Verwendung beim Brauen, Backen und, in jüngster Zeit, für Arzneimittel wie Insulin allgemein bekannt ist. Andere Sorten sind noch wenig erforscht, obwohl bereits umfangreiche Arbeiten geleistet werden, um ihr enormes Potenzial zu erkunden.
Eine neue Studie, bei der Hefe als Modellorganismus eingesetzt wurde, hat nun die Beziehung zwischen Zucker und dem Wachstum von Krebstumoren neu beleuchtet. EU-Unterstützung in Form eines Marie-Curie-Stipendiums für das Projekt PI SIGNALLING floss in diese Forschung ein, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift
„Nature Communications“ veröffentlicht wurden.
Wenn kein Sauerstoff vorhanden ist, wird Zucker von den Zellen durch Glykolyse verarbeitet, ein Verfahren, dass weniger effizient ist als die Atmung. Das ist der gleiche Prozess, der dazu führt, dass Muskeln bei anstrengender Bewegung anfangen zu brennen und dass beim Bierbrauen Ethanol entsteht. Sowohl Hefe als auch Krebszellen unterscheiden sich von anderen Zellen, indem sie Zucker vorzugsweise mit diesem Prozess verarbeiten. Dieses Phänomen ist als Warburg-Effekt bekannt, der nach dem deutschen Nobelpreisträger Otto Heinrich Warburg benannt wurde.
Durch Zucker aktivierte Proteine
Die Ergebnisse dieser neuen Studie legen nahe, dass es „einen über die Evolution erhaltenen Mechanismus gibt, der die Fermentation mit der Aktivierung von Ras in Verbindung bringt, einem wesentlichen Regulator der Zellwucherung bei Hefezellen und Zellen höherer Organismen sowie Hauptprodukt der Proto-Onkogene“. Ras-Proteine wirken in intrazellulären Signalnetzwerken als Schalter, welche Prozesse wie Zellwucherung, Zelltod (Apoptose) und Zellwanderung steuern. Mutationen in diesen Proteinen wurden mit Krebs in Verbindung gebracht: Sie tragen dazu bei, dass Krebszellen unkontrolliert wachsen können. Die Studie der Forscher beweist, dass Ras durch Zucker aktiviert werden kann.
Diese Klasse von Proteinen kommt auch in Hefe vor, wodurch diese zum idealen Modellorganismus wird, um den Einfluss auf Krebszellen zu untersuchen. Die Forscher untersuchten die Ras-Aktivierung sowohl in vivo, wobei den in Galaktose gezüchteten Zellen Glukose hinzugefügt wird, als auch in situ, mit glykolytischen Vorprodukten.
Das Ziel bestand darin, die molekulare Verbindung zwischen der Glukose-Fermentierung und der Aktivierung von Ras zu identifizieren. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass der Warburg-Effekt durch die Aktivierung von Ras einen Teufelskreis auslöst, der eine erhöhte Gärgeschwindigkeit verursacht und somit die krebserregende Kraft fördert. Das Forschungsteam betont, dass die Ergebnisse nicht beweisen, dass Zucker Krebs verursacht, sondern dass sie zeigen, wie Zucker in Krebszellen unterschiedlich abgebaut wird.
Das Projekt PI SIGNALLING (Phosphate sensing for activation of the protein kinase A pathway in yeast) betrachtete Saccharomyces cerevisiae als Modellsystem für die eukaryotische Zellforschung, da diese Hefe genetisch sehr gut erforscht ist und einen leistungsstarken genomischen Ansatz liefert.
Der Hauptautor der Studie, Johan Thevalain, erklärt, dass der biochemische Zusammenhang zwischen Nährstoffverfügbarkeit in Form von Glukose, Stickstoff, Phosphat, Sulfat und anderen Stoffen sowie die Kontrolle des PKA-Signalwegs in den letzten 30 Jahren ein zentrales Thema der Forschung des Teams war. Der Zusammenhang ist auch so bedeutend, weil der PKA-Signalweg die Gärgeschwindigkeit, die Stresstoleranz und viele andere Eigenschaften der Hefezellen steuert. Diese Eigenschaften sind von entscheidender Bedeutung für industrielle Anwendungen, bei denen Hefe eine Rolle spielt, wie bei der Herstellung von fermentierten Getränken, Bioethanol und biobasierten Verbindungen.
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CORDIS-Projektseite zu PI SIGNALLING