Huntington, eine tödliche Krankheit, wird durch ein toxisches Protein verursacht, das im Gehirn produziert wird. Es wirkt sich auf die Bewegungs- und Denkfähigkeit der Betroffenen aus und führt zu Verhaltensänderungen. Patienten wissen, dass sie an der Krankheit sterben werden und da es sich um eine genetische Erkrankung handelt, besteht eine 50-Prozent-Chance, das auch deren Kinder davon betroffen sein werden. Ärzte vom University College London sind nunmehr zu der Überzeugung gelangt, dass ihr neuer, experimenteller Wirkstoff die Proteinkonzentration senkt und den Tod von Hirnzellen unterbindet.
Im Gespräch mit der BBC erklärt Studienteilnehmer Peter Allen, 51: „Man endet in einem nahezu vegetativen Zustand, es ist ein schreckliches Ende.“ Da es sich um eine genetische Krankheit handelt, sind Familienangehörige von Patienten üblicherweise ebenfalls betroffen. Im Falle von Peter sind seine Mutter, sein Onkel und seine Großmutter an Huntington gestorben. Tests ergaben, dass sich bei seinem Bruder und seiner Schwester die Erkrankung ebenfalls entwickeln wird.
Neuer Durchbruch weckt Hoffnung
Bislang gibt es keine verfügbare Behandlung, um die Krankheit, die durch einen Fehler in einem DNA-Abschnitt mit der Bezeichnung Huntington-Gen verursacht wird, zu verlangsamen oder aufzuhalten. Das Gen beinhaltet die Anweisung zur Produktion von Huntingtin, das von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung des Gehirns ist. Bei Betroffenen korrumpiert jedoch ein genetischer Fehler das Protein und verwandelt dieses in einen Hirnzellenkiller.
Professor Sarah Tabrizi leitete die Studie am UCL
Huntington’s Disease Centre und verbrachte die letzten 21 Jahre mit Patienten, die unter der Krankheit leiden. In einem Interview in der
BBC 4 PM Radiosendung sagte sie: „Es ist eine verheerende Krankheit. In dieser Zeit sind viele meiner Patienten verstorben und dies bestärkt mich in dem (…) Bestreben, Behandlungsmöglichkeiten für diese Krankheit zu finden.“
Sie erklärte, dass erstmals ein DNA-Stück chemisch so modifiziert worden sei, dass es sich an die „Message“ der Huntington-Krankheit binde, die durch das Krankheitsgen hervorgerufen werde und dessen Abbau verursache. Dies führt zu einer geringeren Produktion des toxischen, mutierten Proteins Huntingtin, sodass der Schaden begrenzt wird.
„In der von uns durchgeführten Studie haben wir geprüft, ob die Infusion des Wirkstoffs in die Rückenmarksflüssigkeit von Patienten mit der Krankheit sicher und gut verträglich sei und ob wir wichtiger Weise die Konzentration des toxischen, mutierten Huntington-Krankheitsproteins senken könnten. Und all das wurde geschafft.“
Sie beschrieb die Ergebnisse als enormen Fortschritt in der Entwicklung von molekularen Therapien, die auf die eigentliche Ursache der Krankheit abzielen. Das Team beabsichtigt jetzt den Wirkstoff über längere Zeit an Hunderten von Patienten zu testen, um festzustellen, ob dieser das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt. Bei Erfolg sollen Menschen behandelt werden, die das Krankheitsgen in sich tragen, denen es jedoch noch bevor sich irgendwelche Symptome gezeigt haben völlig gut geht.
„Eines Tages möchten wir soweit sein, dass wir das Auftreten der Krankheit verhindern können. Dies ist der Beginn der Entwicklung einer speziellen molekularen Therapie.“
„Zum ersten Mal ein Grund zum Weitermachen“
Charles Sabine, ein Sprecher von Laienvereinigungen für die Huntington-Krankheit aus aller Welt und selbst von der Krankheit betroffen, berichtete PM, dass er die Krankheit in sich trage und gesehen habe, wie Familienangehörige an Huntington gestorben seien: „Es ist eine besonders schlimme Krankheit, da (…) ihre genetische Natur bedeutet, dass Menschen ihre eigene Zukunft sehen.“ Er erklärt, dass sobald man von der Existenz des Gens erfahren habe, sich alles darum drehen würde, da jedes mögliche Symptom der Anfang vom Ende sein könnte.
„Wissenschaftler wie Sarah müssen Zweifel haben (…), was ich Ihnen jedoch sagen kann, ist dass diese Neuigkeit heute (…) einen generellen Fortschritt in Bezug auf eine Krankheit bedeutet, für die es bislang keine einzige Therapie gegeben hat (…). Daran besteht kein Zweifel. Hierdurch wird also etwas Absolutes geschaffen, Menschen in meiner Lage wird ein Grund zum Weitermachen gegeben, den sie bislang nicht hatten.
Die Landschaft verändert sich hierdurch völlig. Dies bedeutet, dass Menschen jetzt einen Grund haben, darauf zu warten, was im nächsten Jahr und in dem Jahr darauf passiert. Dies ist ein besonderer Augenblick.“