Telomere geben Aufschluss über Effekte von Urbanisierung auf die Vogelwelt

Wie Städter zumeist wissen, bietet ein urbanes Umfeld sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Können nun Telomere Aufschluss darüber geben, wie Vögel auf diese Veränderungen reagieren?

Forscher registrierten Unterschiede bei phänotypischen Merkmalen wie Morphologie, Physiologie und Verhalten zwischen städtischen und ländlichen Wildtierpopulationen. Wie jedoch eine kürzlich in veröffentlichte Studie Proceedings of the Royal Society B darlegt, ist weitgehend ungeklärt, wie diese Unterschiede die Fitness beeinflussen.

Die EU förderte mit einem Marie-Curie-Integrationsstipendium das Projekt EUBITOX und mit einem Marie-Skłodowska-Curie-Zuschuss das Projekt URBANEPIGENETICS, die insbesondere die Telomerverkürzung bei Kohlmeisen untersuchten. Die mutmaßlichen Zusammenhänge zwischen Telomerlänge, Seneszenz und Mortalität gelten als Indikatoren für die individuelle Fitness der städtischen und ländlichen Populationen. Die Forscher untersuchten die in beiden Räumen heimische Kohlmeise, um Zusammenhänge zwischen Telomerlänge (TL) und Überleben sowohl im frühen als auch adulten Leben zu finden.

Was können Telomere aussagen?

Telomere sind Stränge nicht-kodierender DNA, die sich an den Enden eukaryotischer Chromosomen befinden und die Stabilität des Genoms gewährleisten. Bei jeder somatischen Zellteilung verkürzen sich die Telomere, und sobald eine kritische Länge erreicht ist, setzt offenbar der altersbedingte Abbau ein.Die Forscher in dieser Studie fanden heraus, dass TL sowohl in ländlichen als auch städtischen Lebensräumen ein starker Indikator für das Überleben nach dem Ausfliegen und die anschließende Integration in die Population ist.

Entscheidend ist jedoch, dass sich auch in städtischer Umgebung längere durchschnittliche TL bei adulten Populationen finden, wahrscheinlich aufgrund des selektiven Verschwindens von Individuen mit kurzen Telomeren im frühen Alter. Weiterhin wurde kein Unterschied zwischen städtischem und ländlichem Umfeld nach der Integration hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen TL und Überleben beobachtet. Dies legt nahe, dass die negativen Effekte im frühen Leben durch städtische Vorteile kompensiert werden und adulte Vögel besser angepasst sind.

Die städtische Studie wurde in Schwedens drittgrößter Stadt Malmö durchgeführt Als ländlicher Standort wurde ein Waldstück 37 km nordöstlich von Malmö bestimmt. Für die städtische Studie wurden Nistkästen in vier städtischen Parks (10-45 ha) mit Nadel- und Laubmischwald, Wiesen, Teichen und städtischer Infrastruktur wie Gebäuden und gepflasterten Fußwegen verteilt. Die Nistkästen im Wald wurden in Mischwaldarealen (219 ha) mit vorrangig Waldkiefern, Eichen und Birken angebracht.

Im Alter von 15 Tagen wurden Blutproben von Nestlingen entnommen, deren Eltern in den Nistkästen gefangen wurden, als die Nestlinge 8 bis 9 Tage alt waren. Zudem wurde das Geschlecht der Nestlinge (DNA aus roten Blutzellen) und der Eltern (Gefiedermerkmale) bestimmt. Insgesamt wurden zwischen 2013 und 2015 217 städtische und 327 ländliche Stichproben gesammelt.Effekte von Urbanisierung

Weltweit wirkt sich Urbanisierung enorm auf die Ökologie und Evolution von Arten, Populationen und Gemeinschaften aus.

In städtischen Räumen spielen Umweltfaktoren eine Rolle, die in ländlichen Habitaten nicht vorkommen, etwa Lärm, Nachtbeleuchtung, Verschmutzung, Futterverfügbarkeit, Krankheiten und Raubtiere. Dies schafft jedoch nicht nur Probleme, sondern eröffnet auch Möglichkeiten, die nicht nur das Überleben einiger Arten sichern, sondern auch deren Vermehrung fördern.

So ist Futter das ganze Jahr über vorhanden, und einige Vogelarten nisten vorzugsweise in Hochhäusern.Detaillierte Studien zu den Ursachen für Variationen bei biologisch-ökologischen Merkmalen können neue Erkenntnisse liefern, wie sich Arten dem Selektionsdruck anpassen. Der Schwerpunkt von EUBITOX (European Urbanisation and its consequnces for Bird Health and Performance) lag auf Unterschieden bei Ernährungs- und Umweltfaktoren zwischen Stadt- und Landpopulationen, die mit modernsten Methoden aus Genetik, Physiologie und Ökotoxikologie untersucht wurden. Das Projekt URBANEPIGENETICS untersuchte als erste Feld- und Laborstudie, wie oxidativer Stress bedingt durch Umweltverschmutzung epigenetische Veränderungen auslöst, die Entwicklung, Krankheitsresistenz und Alterung beeinflussen.

Weitere Informationen unter:
CORDIS- Webseite EUBITOX
CORDIS-Webseite URBANEPIGENETICS

veröffentlicht: 2017-11-02
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