Neues genetisches Maß für das Voranschreiten von Chorea Huntington

Teilweise durch das EU-finanzierte NEUROMICS-Projekt unterstützte Forscher fanden ein neues Maß für das Voranschreiten von Chorea Huntington. Dies könnte dazu beitragen, diese Erkrankung zu verlangsamen und in Zukunft zielgerichteter zu behandeln.

Chorea Huntington (Huntingtons''s disease; HD) ist eine seltene degenerative Erbkrankheit, die in Europa etwa einen von 10 000 Menschen betrifft. Nach wie vor stellt HD eine tödliche neurologische Erkrankung dar, die sich über durchschnittlich 15 bis 20 Jahre hinweg allmählich aber unaufhaltsam entwickelt. Doch nun fand ein Forscherteam der Cardiff University und des University College London (UCL) ein neues Maß für das Voranschreiten der Krankheit, wodurch wir diese und ihre Entwicklung besser verstehen können.

„Unser Ergebnis ist eindeutig, was darauf hinweist, dass die von uns gefundene Variante einen erheblichen Effekt auf HD hat oder dass das neue von uns entwickelte Progressionsmaß die relevanten Aspekte der Krankheit deutlich besser abbildet – wahrscheinlich ist beides zutreffend", beschreibt Professor Lesley Jones (Cardiff University), eine leitende Autorin der Studie, die in „The Lancet“ veröffentlicht wurde.

Zwar werden größere Mutationen mit der schnell voranschreitenden Krankheit in Verbindung gebracht, jedoch sind nicht alle hinter dem Krankheitsverlauf stehenden Faktoren bekannt. Als sie hochwertige phänotypische Daten zu Personen mit der HD-Genmutation auswerteten, stellten die Forscher fest, dass verschiedene Symptome des Krankheitsverlaufs parallel vorhanden waren, was bedeutete, dass sie Daten zu kognitiven und motorischen Variablen sowie zu MRI-Hirnscans kombinieren und vergleichen konnten, um eine Progressionswertung zur Genanalyse zu liefern.

Sie suchten außerdem nach Bereichen des Genoms, die mit ihrem Progressionsmaß in Zusammenhang standen, und fanden einen solchen in einer Gruppe von 216 Personen. Dies überprüften sie dann anhand einer größeren Gruppe von 1 773 Personen aus einer anderen Kohorte aus der Studie „European Huntington''s Disease Network (EHDN) REGISTRY“.

„Wir ermittelten ein Gen, dass zur Behandlung von Chorea Huntington als Target herangezogen werden könnte. Während die Krankheit derzeit nicht heilbar ist, hoffen wir, dass unser Ergebnis einen Schritt hin zu lebensverlängernden Behandlungen darstellen wird“, sagte Dr. Davina Hensman Moss vom Huntington’s Disease Centre des ULC, eine weitere leitende Autorin der Studie.

Das fragliche genetische Signal ist wahrscheinlich durch das Gen MSH3 bedingt, ein DNA-Reparaturgen, das mit Größenveränderungen der HD-Mutation in Verbindung gebracht wurde. Die Forscher stellten fest, dass eine Variation in MSH3 eine Aminosäurenveränderung innerhalb des Gens kodiert.

Der genaue Prozess hinter HD bleibt unklar, doch wir wissen, dass das Striatum – eine Struktur der Basalganglien in der zentralen Region des Gehirns, die für die Planung und Steuerung von Bewegungen, aber auch für kognitive Vorgänge (Denkprozesse) zuständig ist – der am stärksten von HD betroffene Teil des Gehirns ist. Im Verlauf der Krankheit wird der Cortex (die graue Masse in den äußersten Schichten des Gehirns) abgebaut, was die kognitiven Hirnfunktionen beeinträchtigt. Außerdem entwickelt sich HD normalerweise im Erwachsenenalter und verursacht abnormale unwillkürliche Bewegungen, psychiatrische Symptome und Demenz. Jedes Kind, bei dem die Mutation bei einem Elternteil vorkommt, erbt die Krankheit mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 %.

Nichtsdestotrotz werden diese Ergebnisse zweifellos dazu beitragen, die zukünftige Erforschung und Behandlung von HD zielgerichteter zu gestalten: „Nun, da wir wissen, dass MSH3 für das Voranschreiten von HD entscheidend ist, können wir unsere Arbeit auf diesen Umstand konzentrieren und versuchen, aus dieser Feststellung neue Therapien zu entwickeln, die den Krankheitsverlauf verzögern“, erklärt Professor Sarah Tabrizi, eine weitere Mitverfasserin der Studie.

Im EU-finanzierten NEUROMICS-Projekt, das die Forschungsarbeiten unterstützte, die in einem in „The Lancet“ veröffentlichten Artikel beschrieben werden, kamen modernste Omik-Technologien zum Einsatz, um die Diagnostik zu revolutionieren und auf Pathomechanismen beruhende Behandlungen für zehn verbreitete neurodegenerative Erkrankungen zu entwickeln – darunter Chorea Huntington.

Weitere Informationen:
Projektwebsite

veröffentlicht: 2017-08-10
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