Der Wärmehaushalt des menschlichen Körper ist Gegenstand intensiver Studien, denn in ihm könnte der Schlüssel zur Entwicklung wirksamer Therapien gegen Diabetes und Adipositas liegen. Eine neue Studie zeigt, dass die Mechanismen, die hinter diesen Erkrankungen stehen, andere sein könnten als bisher vermutet.
Die Thermogenese ist ein Stoffwechselprozess, dem derzeit viel Aufmerksamkeit zuteilwird, da er einen möglichen Ansatzpunkt für Therapien zur Reduzierung starken Übergewichts durch gezielte Förderung der Fettverbrennung darstellt. Frühere Hypothesen zu den Mechanismen, die diesem Stoffwechselprozess zugrunde liegen, hatten den Hauptakteur stets in den Makrophagen, einem Typ weißer Blutzellen, gesehen. Eine kürzlich veröffentlichte Studie, an der auch die Forscher des EU-geförderten Projekts DIABAT (Recruitment and activation of brown adipocytes as preventive and curative therapy for type 2 diabetes) mitgewirkt hatten, legt nun aber den Schluss nahe, dass die Thermogenese maßgeblich durch das sympathische Nervensystem gesteuert wird.
Diese in der Fachzeitschrift
Nature veröffentlichte Studie gibt nun Anlass zu der Vermutung, dass das Gehirn, welches das wichtigste Steuerorgan des sympathischen Nervensystems ist, eine größere Rolle in diesem Prozess spielt als bisher gedacht. Die Arbeiten wurden von einem Team am US-amerikanischen Mount Sinai Hospital durchgeführt. Der Schwerpunkt ihrer Studie lag auf der Untersuchung von Katecholaminen – Hormonen, die das sympathische Nervensystem zur Aktivierung des braunen Fettgewebes ausschüttet. Die Verbrennung von braunem Fettgewerbe dient im menschlichen Körper zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur, und das Forscherteam konnte mit großem Interesse feststellen, dass Katecholamine weißes Fettgewebe in solches umwandeln können, das dem braunen sehr ähnlich ist.
In ihrer Veröffentlichung „Alternatively activated macrophages do not synthesize catecholamines or contribute to adipose tissue adaptive thermogenesis“ kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass Katecholamine durch Makrophagen nicht in nennenswertem Umfang gebildet werden und dass sich eine alternative Aktivierung wahrscheinlich nicht direkt auf den Fettstoffwechsel oder die adaptive Thermogenese auswirkt. Das Fazit, dass die Wissenschaftler aus ihrer Arbeit ziehen, lautet, dass das Gehirn, indem es das sympathische Nervensystem steuert, stärker an der Bildung von Katecholaminen beteiligt ist als Makrophagen es sind. Die Studie lässt vermuten, dass der Wiederherstellung einer angemessenen Regulierung von Thermogenese und Stoffwechsel durch Gehirn und vegetatives Nervensystem eine Schlüsselrolle im Kampf gegen Adipositas und ihre Begleiterscheinungen zukommen könnte.
Die Forschungsergebnisse zeigen damit mögliche Wege auf, mit einem weit verbreiteten gesellschaftlichen Problem umzugehen.
Das braune Fettgewebe ist wesentlich an Fettabbau und Glukoseaufnahme beteiligt. Weil es also eine hohe thermogene Kapazität besitzt, ist selbst eine geringe Zahl brauner Fettzellen bereits für Therapien gegen Adipositas und Diabetes interessant – und solche Behandlungen werden dringend benötigt. Krankhaftes Übergewicht sowie Typ-2-Diabetes und seine Nebenwirkungen haben rasant zugenommen und stehen in den westlichen Ländern mittlerweile mit an der Spitze der Todesursachen, die Kosten für die Gesundheitssysteme in der Europäischen Union werden auf 30 Milliarden EUR jährlich geschätzt. Das DIABAT-Projekt wurde zwar bereits im Jahr 2015 abgeschlossen, die dafür durchgeführten Forschungsarbeiten geben nun aber wertvolle Anstöße für die Suche nach Lösungen für dieses wachsende Problem.
Für das Projekt haben Universitäten, Forschungsinstitute, ein großes Biotechnologieunternehmen und zwei KMUs zusammengearbeitet und ihr Wissen über braunes Fettgewebe, seine Bildung, seine Funktion und mögliche Störungen dieser Funktion angewendet, um innovative Strategien zur Behandlung und Prävention von Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Die Projektteilnehmer aus Wissenschaft und Industrie konnten auch neue konzeptionelle wie technologische Ansätze in ihre Arbeit aufnehmen. Dazu zählen etwa Erkenntnisse der funktionellen Genomanalyse zur Biologie des braunen Fettgewebes oder klinische Studien zur Entwicklung innovativer Therapien, die bei braunen Fettzellen und ihrer Rolle in der Fettverbrennung ansetzen und zur Behandlung von Typ-2-Diabetikern und Personen mit hohem Erkrankungsrisiko eingesetzt werden sollen.
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