Zwar hat die hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) die Behandlungsergebnisse bei HIV-Infizierten revolutioniert, sie ist aber sehr teuer, ermöglicht keine vollständige Heilung und hat schwere Nebenwirkungen wie etwa Medikamentenresistenzen. So sind mehr denn je neue und wirksamere Medikamente gefragt.
In diesem Sinne erforschte das EU-finanzierte Projekt MDIIHIVIA (Mechanisms of deaminase-independent inhibition of HIV infection by APOBEC3 proteins) einen bestimmten Aspekt des menschlichen angeborenen Immunsystems gegen eine HIV-1-Infektion: das humane HIV-Inhibitorprotein APOBEC3G (A3G), gegen das das Virus mit seinem VIF-Protein vorgeht. So sollte nun untersucht werden, wie A3G das HI-Virus kontrolliert, um neue Zielstrukturen für antiretrovirale Therapien zu entwickeln.
Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse deuten auf eine Doppelfunktion von A3G hin: zum einen als DNA-Editing-Protein, zum anderen auf eine von dieser enzymatischen Funktion unabhängige Rolle. Mit verschiedenen Assays wurde die Wechselwirkung zwischen A3G und der HIV-Reverse-Transkriptase (RT) analysiert. Detaillierte Kartierungen der Interaktionsstellen auf A3G ermöglichten die Erzeugung einzelner Aminosäurepunktmutationen, die die Interaktion mit der HIV-RT stören. Offenbar bekämpft A3G die HIV-RT, indem eine direkte Interaktion mit dem Protein stattfindet und die RT-Aktivität auf der RNA unterbrochen wird.
Eine ähnliche Methodik wurde zur Charakterisierung von SAMHD1, einem weiteren HIV-Restriktionsfaktor, gewählt. Die Daten belegten den nukleären Import von SAMHD1 und dessen Empfindlichkeit gegenüber dem retroviralen akzessorischen Protein VPX.
Ein wichtiger technologischer Meilenstein der Studie war die Entwicklung eines Assays zur Tiefensequenzierung des HIV-RT-Zwischenprodukts, mit dem künftig die Wirkung von antiretroviralen Medikamenten und Immunstimulanzien untersucht werden könnte.
Insgesamt lieferte MDIIHIVIA wichtige Informationen zur molekularen Wechselwirkung zwischen Komponenten des menschlichen Immunsystems und dem HIV-Lebenszyklus. Details zu diesem Mechanismus werden neue antiretrovirale Zielstrukturen als Basis für die nächste Generation von HIV-Medikamenten liefern.