Wenn die Selbstheilungskräfte des Körpers bei Knochenfrakturen versagen, sind Knochentransplantate die effektivste Lösung. Mit einem neuen biomimetischen Scaffold, der geringe Mengen an Wachstumsfaktoren freisetzt, können Patienten aber nun bald auf eine bessere und kostengünstigere Behandlung hoffen.
Bei Knochen kommt es durch alltägliche Belastungen ständig zu Mikrofrakturen und entsprechenden körpereigenen Reparaturprozessen. Ist der Knochen aufgrund einer schweren Verletzung oder Krankheit dazu nicht mehr in der Lage, wird in der Regel ein Knochentransplantat notwendig. Da dem allerdings deutliche Grenzen gesetzt sind, wird intensiv an erweiterten Methoden des Tissue Engineering (Gewebezüchtung) geforscht.
Das EU-finanzierte Projekt "Development of bioactive nanocomposites for bone tissue engineering applications" (NANOFACT) entwickelte daher einen neuartigen Nano-Scaffold. Das biomimetische Gerüst besteht aus Hydroxylapatit, dem Hauptbestandteil von Knochen und Zähnen, sowie Chitosan, einem Polysaccharid, das im Chitinpanzer von Krustentieren (Exoskelett) zu finden ist.
Chitosan hat ähnliche Eigenschaften wie das körpereigene natürliche Polymer Kollagen und verbessert die Pharmakokinetik von Wachstumsfaktoren. Aufgrund seiner antimikrobiellen Eigenschaften eignet es sich auch zur Oberflächenbeschichtung für verbessertes Knochenwachstum. Die Bindungen eines osteogenen (bone morphogenetic protein-4, BMP-4) und eines angiogenen (vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor-A, VEGF-A) Wachstumsfaktors an den Scaffold induzieren das Knochenwachstum und die Gefäßneubildung, was insgesamt die Knochenheilung fördert.
Hydroxylapatit, Chitosan und die Wachstumsfaktoren wurden mit einem Initiator und einem Vernetzungsmittel kombiniert, um ein festes Gerüst zu erzeugen. Dieser Scaffold setzt kontinuierlich Wachstumsfaktoren frei und wird parallel mit dem In-vivo-Abbau des Chitosans abgebaut.
Die Zytokompatibilität des Scaffolds wurde mittels In-vitro-Co-Kultur an einer Knochenzelllinie bestätigt. In-vivo-Tests zum osteogenen Effekt an einem Rattenmodell bestätigten, dass die Heilung bei Scaffolds, die mit Wachstumsfaktoren ausgerüstet waren, den Scaffolds ohne Wachstumsfaktoren überlegen war.
Der Scaffold von NANOFACT fungiert sowohl als Kontaktstelle als auch Initiator für neues Knochenwachstum. Dadurch entfällt die Notwendigkeit, Zellkulturen von Patienten anzulegen, die ein bis zwei Wochen vor der Reimplantation gewonnen werden, und gleichzeitig müssen weniger Wachstumsfaktoren eingesetzt werden. Durch Verbesserungen an Materialien und Funktion werden die hohen Kosten von Wachstumsfaktoren gesenkt und weniger schädliche Nebenprodukte beim biologischen Abbau freigesetzt.
NANOFACT führte präklinische Studien zum sicheren und effektiven Einsatz eines neuen orthopädischen Scaffolds für die Knochenheilung durch, der derzeit verfügbaren Therapien überlegen ist. Dadurch können in hohem Maße Beschwerden gelindert, die Lebensqualität der Patienten verbessert und Behandlungskosten gesenkt werden.