Verknüpfung zwischen Gehirn- und Muskelaktivitäten

Linking cortical and muscular activities
Zu den schwierigsten Aufgaben, mit denen sich die Neurophysiologie befasst, gehört die Identifizierung und Analyse der wechselseitigen Verknüpfung bzw. Feedback zwischen Gehirn und Muskeln. Von klinischer Relevanz sind die Forschungsergebnisse bei der Entwicklung von neuen Methoden der Neurorehabilitation und Gehirn-Computer-Schnittstellen.
An der Interaktion zwischen Ermüdungsentwicklung und neuromuskulärer
Aktivierung bewegungsaktiver Körperteile sind viele Aspekte des
zentralen und peripheren Nervensystems beteiligt, allerdings sind die
Faktoren, die diese Interaktionen beeinflussen, noch kaum erforscht.
Das zweijährige Forschungsprojekt "The interaction between the
central and peripheral exercise-related fatigue" (ICPEF) entwickelte
mathematische Modelle dieser Wechselwirkungen. Schwerpunkt waren
computergestützte Methoden zur Auswertung von EMG-Daten
(Elektromyographie) und EEG-Daten (Elektroenzephalogramm) vor, während
und nach der Ermüdung. Hierfür wurde mittels EMG der neuronale Stimulus
auf den Muskel und mittels EEG der motorische Kortex untersucht, um
Zusammenhänge herzustellen.
Das Projekt entwickelte ein innovatives Modell zur Analyse von
Signalen aus den kortikalen Arealen zum Pool motorischer Neuronen. Mit
diesem Modell gelang es, auf Basis kortikomuskulärer Kohärenz die
kortikospinale Konnektivität zu ermitteln. Neben dem Modell wurden drei
neue Signalverarbeitungsmethoden für HDsEMG (high-density surface EMG)
und EEG-Analysen entwickelt. Die Methoden ermöglichten es, in vivo die
neuromuskuläre Aktivität bei natürlichen Bewegungsabläufen des Menschen
zu untersuchen.
Für das erste Verfahren wurde eine bestehende Technik
weiterentwickelt, die so genannte EMG-EMG-Kohärenz. Eine neuartige
Mehrkanaltechnik erlaubt es, gemeinsame synaptische Eingänge für
Motorneuronen zu detektieren. Die Technik geht dabei über die
Möglichkeiten des Oberflächen-EMG hinaus. Das zweite Verfahren
ermöglicht die automatische Erkennung von Artefakten in einem
Multikanal-EEG. Mit statistischen Methoden können dann verschiedene
EEG-Artefakte wie Augen-, Mund- und Kopfbewegungen identifiziert werden.
Die dritte von ICPEF entwickelte Methode enthüllt den Zusammenhang
zwischen kortikaler und muskulärer Aktivität, insbesondere die
Beziehungen zwischen einzelnen Motoreinheiten und kortikalen
Oszillationen. Verglichen mit der herkömmlichen kortikomuskulären
Kohärenz liefert der neue Ansatz konsistentere Ergebnisse über kürzere
Zeiträume und eignet sich eher für Online-Anwendungen.
Die neuen Methoden ermöglichen die nicht-invasive Analyse neuronaler
Determinanten für Bewegung und könnten damit für die klinische Praxis
von Bedeutung sein.
veröffentlicht: 2015-02-09