Neues zu Wechselwirkungen zwischen Nanopartikeln und Lipidmembranen
Mit Computermodellen lassen sich Wechselwirkungen zwischen wichtigen Klassen von Nanopartikeln und biologischen Membranen beschreiben. Dies ebnet den Weg zur eingehenderen Analyse möglicher Risiken wie auch einer neuen Herstellungsmethode für Nanocarbonfasern.
Nanopartikel, die aus einer Vielzahl von Produkten freigesetzt werden,
sind immer häufiger in der Umwelt zu finden. Beispiele hierfür sind etwa
Nanokohlenstoffe und Polymer-Nanopartikel. C60-Fullerene sind
Nanokohlenstoffe und werden als Treibstoffzusatz von Verbrennungsmotoren
in die Atmosphäre freigesetzt. Polystyrol-Nanopartikel wiederum sind in
Kunststoffverpackungen allgegenwärtig.
Modelle der Interaktionen zwischen Partikeln und Zellen liefern neue Erkenntnisse zu den biologischen Risiken und bilden die Basis für Schnelltests. In diesem Zusammenhang untersuchte das EU-finanzierte Projekt "Computational study of the interaction between inhaled carbon nanoparticles and lung membranes" (PLUM) den Effekt von C60 und Polystyrol-Nanopartikeln auf biologische Membranen.
Mit molekulardynamischen Modellen wurde anhand der Newtonschen Bewegungsgleichung die Wechselwirkung von Teilchen untersucht. Da keine A-priori-Annahmen der Interaktionsprozesse existieren, deuten die Simulationsergebnisse oft auf neue physikalische Aspekte oder Mechanismen hin.
Dispersionsanalysen von Fullerenen in Lipidmembranen lieferten unerwartete Einblicke in die Mechanismen der Auflösung. Die schwere Löslichkeit ist eine der größten Hürden für die Extraktion, Aufreinigung und den Einsatz von Fullerenen in Bauteilen und Geräten. Das Team demonstrierte die Eignung von Lipidmembranen als mögliche Lösungsmittel und dass dies offenbar auf die hohe Dichte des Lipidmembrankerns zurückzuführen ist. Damit könnten Lipiddoppelschichten künftig als biokompatible Fullerenlösungsmittel eingesetzt werden.
Realistische Modelle von Membranen mit so genannten liquid-ordered und liquid-disordered-Phasen zeigten eine starke Interaktion von Polystyrol-Nanopartikeln mit solchen phasenseparierten Membranen. Dabei findet eine starke Lokalisation in disordered Domänen statt, was die mechanischen und thermischen Eigenschaften verändert. Solche Membranen sind Modelle für so genannte Lipidflöße, die für die Sortierung von Membranproteinen und Signaltransduktion wichtig sind. Daraus ergibt sich Bedarf für weitere Studien zu möglicherweise ähnlichen Effekte in vivo.
Moleküldynamische Modelle lieferten wichtige Erkenntnisse zu den Projektzielen von PLUM und darüber hinaus. Angesichts der drastischen Effekte der überall in der Umwelt vorhandenen Polystyrol-Nanopartikel auf Membranen sind weitere Studien hierzu unerlässlich. Die Studie schlägt zudem eine neue Methode zur Lösung von Fullerenen vor, was bislang eine Hürde für ihren technischen Einsatz war. Mit den Ergebnissen kann die Sicherheit von Nanopartikeln verbessert und die Entwicklung neuer Anwendungen gefördert werden.
veröffentlicht: 2015-06-29