Mit seinem
neuartigen Ansatz für die Entstehung der Disziplin bot das Projekt
DISHIS ("Disciplining history. Censorship and historiography in early
modern Europe") lieferte Erkenntnisse zur Zensur von historischer
Literatur als eine Reihe von wesentlichen Ideen in Bezug auf Endpunkte,
Auswirkungen und Macht von Geschichte als wissenschaftliche Disziplin.
Die Erforschung der Zusammenhänge zwischen Zensur und
Geschichtsschreibung umfasste drei Hauptarbeitsgebiete. Im ersten wurden
Autoren, Werke und Genres der historischen Literatur aus Indizes des
16. Jahrhunderts von verbotenen und zensierten Büchern klassifiziert.
Zweitens analysierte man anhand von Fallstudien, warum Werke dieser
Indizes verboten oder gesäubert wurden und was die Folgen waren.
Drittens führte DISHIS eine vergleichende Analyse der Erscheinungsformen
des Zensurdiskurses und der verschiedenen Mittel zur Kontrolle von
Geschichte durch Institutionen, Instrumente und Einzelpersonen.
Die systematische Einteilung der Werke bot einen Überblick und einen
breiten zeitlichen, geografischen, politischen und kulturellen Rahmen,
innerhalb dessen die Kontrolle der Zensoren über die
Geschichtsschreibung untersucht werden sollte. Für den Zeitraum von 1544
bis in die 1580er liefert die Einteilung eine Landkarte der
Unterdrückung und Kontrolle der Geschichte durch die Kirche. Außerdem
hilft sie dabei, die Zensurpolitik der die Bücher überwachenden
Institutionen zu vergleichen und gegenüberzustellen und die Bedingungen
der spezifischen Zensurmaßnahmen besser zu verstehen.
Die Anwendung einer umfassenderen Konzeption von Kritik und Zensur
in der Studie zur ideologischen Kontrolle der Geschichte markiert den
zweiten großen Beitrag des Projekts. Dies ermöglichte das Sammeln und
den Vergleich von explizit institutionalisierten Formen der Überwachung
und Repression sowie der Definition der Geschichte und Standards für
ihre Kontrolle. Anhand eines solchen Ansatzes war es möglich, wichtige
Fragen zu ideologischer Kontrolle und politischer Unterdrückung auf der
einen Seite sowie zur Bildung von (historiographischem) Wissen auf der
anderen zu identifizieren.
Darüber hinaus trug die Projektarbeit zur Geschichte der modernen
Historiographie bei, indem sie die Untersuchung von Zensur als eine
Kraft mit großen Auswirkungen auf die Gestaltung von Geschichte als
wissenschaftliche Disziplin ermöglichte.
In diesem Sinne lieferte DISHIS eine neue Herangehensweise an die
Rolle von Ideologie und Politik in Prozessen des sozialen und
kulturellen Fortschritts der Geschichtsschreibung im 16. und 17.
Jahrhundert. Die Projektergebnisse haben somit auch wichtige
Implikationen für die Modernisierung der Geschichtswissenschaft.