Innovationen in der Untersuchung von Pergament
Pergament war das Medium im mittelalterlichen Europa. Eine EU-finanzierte Studie entwickelte eine innovative, nicht-destruktive Methode, mit der das bei der Herstellung dieses Materials verwendete Tier identifiziert werden kann.
Das Projekt PALIMPSEST ("Unlocking historical and molecular archives")
nutzte die Massenspektrometrie an winzigen Mengen von Kollagen, um die
verwendete Tierart herauszufinden und mehr über Qualität und
Produktionsmethoden von Pergament zu lernen. Die zerstörungsfreie
Probenentnahmetechnik wurde in enger Zusammenarbeit mit Experten für die
Konservierung entwickelt.
Unter Verwendung von Standardmaterialien für die
Oberflächenschutzbehandlung konnte das Team kleinste Mengen von Kollagen
aus Reinigungsrückständen extrahieren. Es stellte sich heraus, dass
sich anhand des Kollagens die für die Pergamentherstellung verwendete
Tierart identifizieren ließ. Das einfache Verfahren erfordert keine
spezielle Schulung, so dass die Probenahme von Konservatoren und
Kuratoren durchgeführt werden kann, die mit diesen Materialien vertraut
sind.
Da diese Methode alten Dokumenten nicht schadet, eröffneten sich dem
Team Bibliotheken und Archiven, die vorher nicht zugänglich gewesen
wären. Im Laufe des Projekts analysierten die Forscher mehr als 1.000
Dokumente aus 3 Kontinenten und einem Zeitraum von 1.400 Jahren.
Zusätzlich zur Identifikation der Tierart konnten die Forscher eine
bestimmte Art von Schaden am Kollagenmolekül feststellen. Diese
Beeinträchtigung steht im Zusammenhang mit Qualität und Herstellungsart
des Pergaments oder mit der Dauer für Kalken und Enthaarung. Diese
Entdeckung lieferte Erkenntnisse zu Veränderungen in den
Fertigungsprozessen.
Aus dem Projekt ging ein internationales Netzwerk mit Partnern in
Europa und den Vereinigten Staaten hervor. Mithilfe der reich gefüllten
Sammlungen an Einrichtungen in diesen Ländern lässt sich ein
vollständigeres Bild der Nutzung von Pergament im Mittelalter erzeugen.
PALIMPSEST kann mehrere Erfolge vorweisen: Es schuf eine Fülle von
Daten und entwickelte ein zerstörungsfreies Probenahmeverfahren mit
einer Vielzahl von möglichen Anwendungen. Die Projektarbeiten markieren
nicht nur den Beginn einer neuen Ära in der Manuskriptforschung, sie
führten außerdem das Konzept der biomolekularen Kodikologie ein und
öffneten diesen Bereich für weitere Analysen und das Interesse aus
multidisziplinären Perspektiven.
veröffentlicht: 2015-02-12