TV-Sendeanstalten
beginnen zu erkennen, dass sie Nutzen aus dem inzwischen großflächig
mit hoher Bandbreite verfügbaren Internet ziehen können. Ihre Sendungen
sind nicht mehr nur für Fernsehgeräte empfangbar, sondern werden
gleichzeitig auch für PCs, Tablets und Smartphones übertragen – diese
Geräte werden allerdings oft nur begrenzt eingebunden.
Durch die Technologie "Hybrid broadcast broadband TV" (HbbTV) können
Sender zusätzliche Internetdienste direkt über den Fernseher anbieten.
Die Nachfrage für eine Verbindung von Fernsehen und Internet wächst
schnell, und bis heute ist HbbTV der einzige offene Standard, der dies
unterstützt. Aus diesem Grund finanzierte die Europäische Kommission das
Projekt HBB-NEXT , um die nächste
Generation dieser Technologie zu fördern. Die Projektpartner haben eine
ganze Reihe neuartiger Lösungen entwickelt, die von der
Cloud-Synchronisierung von Videos auf mehrere Geräte über die Steuerung
von Fernsehgeräten mittels Gesichts- und Gestenerkennung bis hin zu
innovativen Bedienhilfen für Behinderte reichen.
VIDEOS AUF SMARTGERÄTEN SYNCHRONISIEREN
Dank dem HbbTV-Standard entstehen nun unzählige neue Dienste für
verschiedene Geräte. Diese umfassen ergänzende Inhalte (z. B.
Informationen über Wahlen oder Sportveranstaltungen), Teleshopping und
Links zu den Websites der Werbetreibenden, nachträglich verfügbare
Sendungen und Bildungskurse.
"Als wir mit der Vorbereitung des HBB-NEXT-Projekts begannen, war
der Standard HbbTV 1.0 gerade erst erschienen," erklärt die
Koordinatorin Bettina Heidkamp vom öffentlich-rechtlichen Sender RBB , der Teil der ARD ist.
"Wir haben einige Verbesserungsmöglichkeiten erkannt, weshalb unsere
Partner und wir Lösungen entworfen und entwickelt haben. Diese
beinhalten Personalisierung und die Empfehlung von Inhalten für
Benutzer, insbesondere in Szenarien mit mehreren Benutzern, sowie die
Synchronisierung von TV-Inhalten mit Internetinhalten auf einen oder
mehrere Bildschirme."
Die Mitglieder von HBB-NEXT entwickelten neuartige Middleware, bei
welcher die Cloud zum Einsatz kommt, falls ein Gerät nicht über die
erforderliche Kapazität verfügt, z B. zum Synchronisieren eines Videos.
Dies ist kein kleiner Erfolg, da bereits eine Verzögerung von 40
Millisekunden für den Benutzer bemerkbar ist. "Durch HBB-NEXT konnten
wir mit vier Funktionen zum neuen Standard HbbTV 2.0 beitragen, der
hoffentlich noch in diesem Jahr erscheinen wird," so der technische
HBB-NEXT-Koordinator Michael Probst vom IRT , dem deutschen Institut für Rundfunktechnik.
HbbTV ermöglicht den Sendeanstalten, ihrem Signal weitere
Informationen hinzuzufügen, wodurch ein Fernsehgerät Apps laden,
ergänzende Inhalte aus dem Internet beziehen und auf dem Bildschirm
darstellen kann. In HBB-NEXT wurden auch zahlreiche neuartige
Anwendungen entwickelt, die für Redakteure von Interesse sein könnten,
darunter eine Abstimmfunktion, die in einer beliebten deutschen
Wissenschaftsendung erstmals zum Einsatz kam. Weitere Funktionen, von
denen die Endnutzer profitieren können, umfassen eine benutzerdefinierte
Untertiteldarstellung, Zeichensprache für Hörgeschädigte,
Smartphone-Audio für Blinde oder Sehbehinderte und Dienste für
Minderheitensprachen –und alle diese Angebote werden über das Internet
bereitgestellt.
DER FERNSEHER ERKENNT DEN ZUSCHAUER
Die Projektpartner entwickelten zudem eine App, die einzelnen
Zuschauern und Zuschauergruppen Sendungen empfiehlt und Technologie für
Gesichts-, Stimm- und Gestenerkennung enthält. Wenn ein Zuschauer,
dessen Profil bereits auf das Fernsehgerät geladen wurde, den Raum
betritt und "Hallo" sagt, wird er von seinem Fernseher erkannt und
bekommt für ihn interessante Programme vorgeschlagen. Wenn eine zweite
Person den Raum betritt, werden Empfehlungen für die entstandene
"Gruppe" ausgesprochen.
"Die im Projekt entwickelte Gesichts- und Gestenerkennung setzt
vollkommen neue Maßstäbe," erklärt Frau Heidkamp enthusiastisch. "Sie
ist wirklich innovativ und die Menschen werden sie lieben. Das ist die
Zukunft, glaube ich!"
"Hinsichtlich der TV-Apps entwickeln wir nun eine HbbTV-Toolbox, die
auf HBB-NEXT aufbaut, sodass schon bald Redakteure mühelos ihre eigenen
Apps erstellen können und jeder Benutzer sein Fernsehprogramm
personalisieren und erweitern kann", fügt sie hinzu.
An HBB-NEXT waren Vertreter der verschiedenen Interessengruppen
beteiligt, für die Hybrid-TV wirtschaftlich relevant ist. Diese reichen
von Sendeanstalten und Entwicklern von Anwendungen (viele davon KMU)
über Hersteller von Unterhaltungselektronik bis hin zu
Telekommunikationsunternehmen.
Das HBB-NEXT-Projekt umfasste 9 Partner aus 5 Ländern und lief von
Oktober 2011 bis März 2014. Unter RP7 wurde es mit 2,98 Millionen Euro
gefördert.
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