Videos und ähnliche breitbandhungrige Inhalte werden den Prognosen
zufolge die Haupttriebkräfte des zukünftigen Wachstums des
Internetverkehrs sein und zwar mit mehr als 1,2 Millionen Videominuten,
das entspricht mehr als zwei Jahren Videomaterial, die bis 2016 pro
Sekunde durch das Internet rasen. Doch das Management dieser Inhalte
durch die heutigen Netze ist ineffizient.
"Heutzutage wird das Internet überwiegend für den Datenabruf, die
Datenbereitstellung und das Streaming sowie für den Zugang zu
Webdiensten verwendet, wobei sich der Nutzer nur um den Inhalt kümmert
und nicht wahrnimmt, wo er gespeichert ist, solange er zeitgerecht und
zuverlässig übermittelt wird", erläutert Dr. Theodore Zahariadis,
Technischer Leiter der Synelixis Solutions Ltd., Griechenland. "Der
Nutzer weiß, dass er Nachrichten von CNN, Videos von YouTube oder
Wetterinformationen haben möchte. Also verwendet er einen Webbrowser, um
Daten von dem entsprechenden Server herunterzuladen."
"Um die Anforderungen sämtlicher Nutzer zu erfüllen, werden auf dem
Anwendungsserver identische Datenblöcke billionenfach repliziert und
nehmen ihre Wege durch das Netz, oftmals die gleichen. So wird
identischer Inhalt mehrmals durch dieselben Internetsegmente geschickt,
mit der Folge, dass der Netzverkehr und die Anforderungen an die
Netzinfrastruktur exponentiell zunehmen."
Es gibt jedoch eine deutlich effizientere Alternative, eine, die
nicht nur die Belastung von Servern und Netzen verringert, sondern auch
die Nutzer einfacher und schneller Inhalte entdecken und darauf
zugreifen lässt. Sie könnte außerdem die Anwendererfahrung bei erhöhter
Interaktivität und inhaltlicher Bereicherung verbessern. Dies wird
erreicht, indem sich nicht nur auf den Kommunikationskanal, sondern auf
den Inhalt selbst konzentriert wird, indem das Netz mit Intelligenz
ausgestattet wird, sodass Server, Router und Endgeräte wissen, auf
welchen Daten von wo zugegriffen wird. So passt sich beispielsweise ein
Videostreaming schwankenden Netzzuständen an, um eine hohe Videoqualität
sicherzustellen, die für das Anzeigegerät optimiert ist.
Dieser Ansatz zur Entwicklung sogenannter Future Content Networks
(FCNs) wurde im Rahmen des Projekts "Content-aware searching, retrieval
and streaming" (
COAST),
koordiniert durch STMicroelectronics Italien und mit mehr als 3
Millionen Euro durch die Europäische Kommission finanziell unterstützt,
zur Anwendung gebracht und getestet.
Dr. Zahariadis, technischer Koordinator des COAST-Projekts weist
darauf hin, dass der Lösungsansatz des Projekts durch die zunehmende
Verarbeitungsleistung, Speicher- und Caching-Möglichkeiten von End- und
Netzgeräten, die ein Inhaltsbewusstsein zulassen, möglich geworden ist.
Dies wiederum ermöglichte drei Hauptentwicklungsrichtungen, die vom
Projektteam als Teil einer FCN-Overlay-Architektur verfolgt wurden.
Erstens werden Netzknoten (wie etwa Router, Home-Gateways und
Endgeräte mit Intelligenz ausgestattet, die ihnen ermöglicht, "flugs"
weitergeleitete Inhalte zu identifizieren und zu klassifizieren sowie zu
ermitteln, wo der verteilte Inhalt gespeichert bzw. zwischengespeichert
ist, um den Datenanforderungen der Nutzer in optimaler Weise gerecht zu
werden, bei Verfügbarkeit und Erfüllung von Service Level Agreements
(SLAs) über den Abruf von Inhalten.
Zweitens wurde eine inhaltsbewusste Bereitstellungsarchitektur
eingesetzt, ergänzt um Lösungen für eine effiziente und dynamische
Erkennung der zugrundeliegenden Netzinfrastruktur und einer
Identifizierung der Endgerätetypen, sodass der Inhalt fortwährend für
das Gerät optimiert wird, auf dem er konsumiert wird, und Mittel zu
ihrer Bereitstellung.
Drittens entwickelte das COAST-Team Technologie zur Anpassung und
Verdichtung von Medieninhalten, damit die Nutzer jene Inhalte empfangen,
die am besten ihren Präferenzen sowie den Netzwerk- und
Geräteeigenschaften entsprechen, und damit interagieren können, indem
sie beispielsweise bei einem Video verschiedene Ansichten oder
Kameraschwenks oder ein Hinein- oder Herauszoomen auswählen.
Redundanten Verkehr eindämmen
"Durch den Paradigmenwechsel bei der Verteilung von Inhalten
(Content Delivery) kann identischer Verkehr, der über dieselben
Internetverbindungen geleitet wird, reduziert werden. Dadurch werden für
die Netzinfrastruktur weniger Investitionen benötigt, während die
Lebensdauer der vorhandenen Netzinfrastruktur verlängert wird, sodass
die steigenden Content Delivery-Anforderungen erfüllt werden", so Dr.
Zahariadis. "Und durch eine Verbesserung der Suchmöglichkeiten nach
Internet-Inhalten durch passives Crawling und Popularitätsmerkmale
können wir zügig den am besten passenden Inhalt, abgestimmt auf die
Präferenzen des Nutzers und den Kontext, liefern."
Das Ergebnis für den Endnutzer ist ein einfacher, schneller Zugang
zu Inhalten, möglicherweise zu geringeren Kosten, wenn nach Minuten oder
Datenmenge abgerechnet wird, während außerdem ihre Fähigkeit, Inhalte
mit anderen zu teilen, zunimmt und sie selbst zu Inhaltsanbietern zu
werden. Inzwischen sollten Inhaltsanbieter dank der verbesserten
Indexierungs- und Suchfunktionalität imstande sein, einem breiteren
Publikum zu dienen, während Netzbetreiber durch die Möglichkeit
dazugewinnen, die Lebensdauer ihrer vorhandenen Infrastruktur zu
verlängern und teure Investitionen hinauszuschieben, die ansonsten
erforderlich wären, um die steigende Verkehrsnachfrage zu befriedigen.
Entscheidend ist, dass die COAST-Technologie eine durch die
Architektur bestimmte Skalierbarkeit bietet, die ein Schritthalten mit
dem ständig wachsenden Bedarf an mehr Bandbreite für HD-Video und
zukünftig verstärkt für 3D-Video ermöglicht.
In diesem Zusammenhang hat das Projekt bemerkenswerte Beiträge zum
MPEG-DASH- (Dynamic Adaptive Streaming over HTTP) Standard geliefert,
durch den Videoinhalte problemlos an schwankende Netzbedingungen
angepasst werden, um eine hohe Qualität der Wiedergabe ohne
Verzögerungs- oder Pufferungsprobleme zu bieten. Während der Laufzeit
des Projekts demonstrierte STMicroelectronics zusammen mit anderen
COAST-Partnern den ersten Prototyp eines 3D-DASH-Streaming Clients, der
auf einer Embedded Plattform läuft, und setzt sich auch weiterhin aktiv
für den Standard ein.
Die Arbeit des Teams floss auch in andere Normungstätigkeiten ein,
darunter die Normen der Internet Engineering Task Force
(IETF)-Arbeitsgruppen zu AVT, CDNI, ALTO und Decade, wie auch der
Arbeitsgruppen des Europäischen Instituts für Telekommunikationsnormen
(ETSI) TISPAN und der Digital Living Network Alliance (DLNA).
Die Technologie wird auch für eine kommerzielle Nutzung in Betracht
gezogen, insbesondere vom spanischen Unternehmen Telefónica, einem
Projektpartner. Telefonica I+D, der FuE-Bereich von Telefónica, hat
konkrete Nutzungsbereiche identifiziert, die in Zusammenarbeit mit
COAST-Partnern und Drittanbietern die Content Delivery-Dienste von
Telefónica vervollkommnen, eine Inhaltsanpassung unterstützen und das
mobile Breitbandnetz des Betreibers verbessern könnten.
Weitere Partner, so auch STMicroelectronics, NEC, Yahoo und
Synelixis, nutzen die Ergebnisse ebenfalls in Zusammenarbeit mit ihren
Produkt- und Geschäftsbereichen, bemerkt der technische Koordinator des
Projekts. Und ihre Zusammenarbeit wird fortgesetzt.
"Obwohl es keine konkreten Pläne für ein Folgeprojekt gibt, arbeiten
die Mitglieder des Konsortiums bereits in der Forschung auf COAST
verwandten Gebieten zusammen, darunter auch inhaltszentriertes
Networking, verteilte Suche und Indexierung, dynamische Anpassung von
Inhalten und effiziente Verteilung der Inhalte", so Dr. Zahariadis.
COAST erhielt eine Forschungsförderung aus dem Siebten Rahmenprogramm für Forschung (FP7) der Europäischen Union.
Link zur Projekt-Website:
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Website "Content-aware searching, retrieval and streaming"
Weitere Links:
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Website der Europäischen Kommission zur Digitalen Agenda