Industriechemikalien ohne Rohöl
Kohlenwasserstoffe aus Rohöl dienen der Herstellung von höherwertigen Chemikalien, aber die zunehmende Preisvolatilität hat sich nachteilig auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Hersteller ausgewirkt. In neuartigen Membranreaktoren werden alternative Rohmaterialien zum Einsatz kommen, womit man die Abhängigkeit vom Öl reduzieren wird.
Die in Erdgas, Kohle und Biomasse vorhandenen kurzkettigen Alkane mit
bis zu vier Kohlenstoffatomen und Kohlendioxid (CO2) könnten die
langkettigen Kohlenwasserstoffe aus dem Erdöl als Rohstoff für andere
chemische Stoffe ersetzen. Sie sind jedoch sehr stabile und nicht
reagierende Moleküle, die nur schwer in hochwertige Produkte umzuwandeln
sind.
Wissenschaftler starteten das von der EU finanzierte Projekt "Catalytic membrane reactors based on new materials for C1-C4 valorization" (CARENA), um die Abhängigkeit der chemischen Industrie von Erdöl zu entschärfen. Die Partner entwickeln Membranen und Katalysatoren zur Umwandlung alternativer Rohstoffe in chemische Stoffe für energietechnische Anwendungen und Produkte wie Lösungsmittel, Klebstoffe und Schutzbeschichtungen. Zum Ende der zweiten Projektphase konnten die Wissenschaftler überall wichtige Fortschritte verzeichnen.
Neuartige Verfahren zur Membranherstellung haben zu neuen Membranen mit verbesserter Selektivität bei höheren Temperaturen und abstimmbaren Gastrenneigenschaften hingeführt. Überdies verfügt ein neuartiger Katalysator zur beschleunigten Umwandlung von Methanol und CO2 zu Dimethylcarbonat, eine wichtige Industriechemikalie, über eine Betriebstemperatur, die mit der der neuen Membranen übereinstimmt.
Die Wissenschaftler wenden außerdem innovative Charakterisierungs- und Testprotokolle an, um die Eigenschaften der existierenden Membranen zu verbessern. Ein neuartiges Verfahren prognostiziert Perowskit-Membraneigenschaften aus der Analyse des pulverförmigen Ausgangsmaterials, was den Entwicklungsprozess beschleunigt. Zerstörungsfreie In-situ-Prüf- und Analyseverfahren unterstützen die Optimierung von Materialien und Verarbeitung unter realistischen Bedingungen. Zum Abschluss hat die Langzeiterprobung von wasserstoffselektiven Membranen auf Palladiumbasis den Hauptmechanismus des Selektivitätsverlusts enträtselt, was nun den Weg zur Verlängerung der Lebensdauer weist.
Ultimatives Ziel ist die Demonstration einer verbesserten Membran. Forscher haben einen 24-Membran-Dampfreformierungsreaktor erprobt, der die erforderliche Umwandlung bei viel niedrigeren Betriebstemperaturen als bei einem konventionellen Prozess herbeiführt.
Die im Kontext des CARENA-Projekts entwickelte katalytische Membranreaktortechnologie wird der chemischen Industrie, die bisher auf Rohöl als Ausgangsstoff zur Synthetisierung zahlreicher Produkte angewiesen war, wesentliche Erleichterung verschaffen. Mit dem Meistern der Herausforderung der Umwandlung kurzkettiger Kohlenwasserstoffe aus Erdgas und anderen Quellen in nützliche Vorprodukte wird letztlich eine unabhängige Chemikalienherstellung in der EU möglich werden.
veröffentlicht: 2015-08-07