Auf der Suche nach einer neuen Physik
Die Entdeckung des Higgs-Teilchens lieferte den letzten Beweis zur Untermauerung des Standardmodells, der Theorie, die das heutige, grundlegende Verständnis von Materie und Energie ermöglicht. Von der EU geförderte Wissenschaftler suchten nach Abweichungen von dieser Theorie, die ein tieferes Verständnis der Physik ermöglichen sollen.
Seit der Entdeckung des Higgs-Teilchens im Jahr 2012 wird daran
gearbeitet, das Teilchen vollständig zu beschreiben, das weiteren
Elementarteilchen Masse verleihen soll. Es besteht die Möglichkeit, dass
es besondere Higgs-Teilchen gibt, die einen Teil der Teilchenmasse
ausmachen. Durch Präzisionsmessungen über den Teilchenbeschleuniger
Large Hadron Collider (LHC) an der Europäischen Organisation für
Kernforschung (CERN) in der Schweiz versuchten von der EU geförderte
Physiker diese Hypothese zu bestätigen oder auszuschließen.
Das Projekt „Tools for the Large Hadron Collider - From Lagrangian
to the experimental analysis“ (LHC-TOOLS-PHYS) führte Experimental- und
Theoriephysiker zusammen, um an einem 2-Higgs-Dublett-Modell zu
arbeiten. Es wurde ein neuer Softwarecode zur Analyse spezifischer
Szenarien entwickelt, die mit LHC-Experimenten geprüft werden können.
Das SCANNERS-Projekt trägt dazu bei, zwischen verschiedenen Mustern von
Symmetriebrüchen unterscheiden zu können.
Das Standardmodell setzt voraus, dass Träger elektroschwacher Kräfte
die gleiche – symmetrische – Nullmasse aufweisen, um eine Vereinigung
der elektromagnetischen und nuklearen Kräfte zu ermöglichen. Auch wenn
Brüche der elektroschwachen Symmetrie mit einem skalaren Teilchen, dem
Higgs-Boson, beschrieben werden konnten, kann die Theorie weder die
gemessene Baryonenasymmetrie im Universum noch das Vorhandensein dunkler
Materie erklären.
Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich das LHC-TOOLS-PHYS-Team mit
Erweiterungen des skalaren Sektors beim Standardmodell. Diese minimalen
Erweiterungen ermöglichten eine umfassende Teilchenphysikphänomenologie
mit charakteristischen Signaturen, die am LHC-Teilchenbeschleuniger
getestet werden können. Falls ein zweites Higgs-Teilchen oder sogar ein
drittes Higgs-Teilchen existiert, kann der LHC-Teilchenbeschleuniger
diese möglicherweise beim Betrieb in höheren Energiebereichen im Jahr
2015 erzeugen.
Im Top-Quark entdeckten die LHC-TOOLS-PHYS-Wissenschaftler eine
ausgezeichnete Probe für den Masseerzeugungsmechanismus, der
möglicherweise der bevorzugte Zerfallskanal neuer schwerer Teilchen ist.
Am LHC wird jedes Jahr eine große Anzahl an Top-Quarks erzeugt. METOP,
ein Monte Carlo-Event-Generator, wurde eingeführt, um
Standardmodellvorhersagen abzuleiten und diese mit den experimentellen
Daten zu vergleichen.
Sowohl die Softwareinstrumente als auch die im Rahmen des
LHC-TOOLS-PHYS-Projekts untersuchte Hypothese wurden mit der
Wissenschaftsgemeinde geteilt. Insbesondere das Konsortium des Projekts
„A Toroidal LHC Apparatus“ (ATLAS) übernahm METOP als offiziellen
Event-Generator. Es wird damit gerechnet, dass dies die Analyse neuer
Daten, die im Rahmen des nächsten LHC-Betriebs in einem höheren
Energiebereich gesammelt werden, begünstigt und dass die Erweiterung des
Standardmodells in einer aussagekräftigeren Theorie erfasst werden
kann.
veröffentlicht: 2015-04-02