Wissenslücke in der Moleküldynamik wird geschlossen
Im Rahmen eines EU-finanzierten Projekts nimmt man Übergangsmetallmoleküle und andere Moleküle mittels extrem ultravioletter Strahlung (EUV, extreme ultra violet, XUV) auseinander, um deren Dynamik zu erforschen. Die Studie hat bedeutende Folgen für Prozesse mit angeregten Zuständen wie etwa DNA-Lichtschutz, Lichtsammlung und Atmosphärenchemie.
Die Wechselwirkungen zwischen Elektronen sowie zwischen den Elektronen
und den Atomkernen beschreibt man durch eine
Vielteilchensystem-Schrödingergleichung, die im Allgemeinen zum Lösen zu
kompliziert ist. Die Born-Oppenheimer-Näherung (BOA), welche die
Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Kern vereinfacht, bricht
zusammen, wenn zwei potenzielle Energieflächen einander in einer
konischen Durchdringung (conical intersection, CI) kreuzen.
Lokalisierung und Charakterisierung dieser konischen Durchdringungen
sind maßgeblich, um ein breites Spektrum chemischer Reaktionen verstehen
zu können.
Das EU-finanzierte Projekt XBEBOA untersucht die Molekulardynamik
bei bestimmten chemischen Elementen und Verbindungen, die nicht mittels
Born-Oppenheimer-Näherung zu beschreiben sind. XBEBOA bringt die
topmoderne ultraschnelle Pump-Probe-Spektroskopie mit der
Implementierung neuartiger zeitaufgelöster Messplätze voran, an denen
extrem ultraviolette und weiche Röntgenstrahlung angewendet wird, um die
ultraschnelle molekulare Dynamik zu untersuchen.
Bis heute zählen zu den Hauptleistungen des Projekts der Bau und die
Inbetriebnahme eines transienten XUV-Gitteraufbaus und dessen Anwendung
auf den photoinduzierten Phasenübergang bei Vanadiumdioxid. Der Aufbau
ist flexibel und basiert auf einem handelsüblichen Lasersystem.
XUV-Licht wird durch Erzeugung Harmonischer hoher Ordnung in Edelgasen
erzeugt und bei der zeitaufgelösten Spektroskopie eingesetzt. Ein
In-line-Überwachungswerkzeug ist entwickelt worden, das den XUV-Fluss
auf Schuss-für-Schuss-Basis misst und bei der Datenerfassung verwendet
werden kann, um Schwankungen zu korrigieren.
Erste Resultate der Vanadiumdioxidproben zeigen, dass sich das
XUV-Licht in der Nähe der M-Kante, der angeregten Elektronen, eindeutig
von denen der außerhalb der Resonanz liegenden Proben bei niedrigeren
Photonenenergien unterscheidet.
Überdies wurde ein Messplatz für zeitaufgelöste
Photoelektronenspektroskopie (PES) installiert und in Betrieb genommen.
Diese Technik wurde eingesetzt, um die Gasphasen-Molekülproben nach
Anregung mit extrem ultraviolettem Licht zu untersuchen und auf diese
Weise die Beschränkungen der PES nach Stand der Technik zu überwinden.
Die mit Perylen erzielten Ergebnisse haben wichtige Unterschiede
zwischen XUV und Multiphotonen-Infrarotmodi nachgewiesen.
Das Verständnis der Molekulardynamik bei der konischen Durchdringung
wird zur Offenlegung der grundlegendsten Prozesse unserer Existenz
beitragen und die Strategien zur Erforschung umweltfreundlicher Energien
verbessern. Die Beschreibung des Aufbaus und die Projektresultate
wurden in von Experten begutachteten Fachzeitschriften veröffentlicht.
Mindestens sechs weitere wissenschaftliche Arbeiten sind im Entstehen
begriffen.
veröffentlicht: 2015-03-05