Die Entdeckung der geometrischen Mechanik

In der geometrischen Mechanik nutzt man die Tatsache aus, dass sowohl geometrische als auch symmetrische Grundprinzipien den physikalischen Gesetzen unterliegen. Ein EU-finanziertes Forschungsnetzwerk verfolgte die Weiterentwicklung moderner Anwendungen, welche hinsichtlich Symmetrie und Geometrie denselben Konzepten folgen.

Hamilton und Lagrange lieferten bekanntermaßen zwei grundlegende Formulierungen der klassischen Mechanik. Diese Formulierungen sind sowohl elegant als auch allgemein gültig in dem Sinne, dass sie einen einheitlichen Rahmen zur Behandlung scheinbar ganz unterschiedlicher physikalischer Systeme, angefangen bei den klassischen Teilchen und starren Körpern bis hin zu Feldtheorien und Quantensystemen, bilden. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts haben sich die klassische Mechanik und die klassischen Feldtheorien Hand in Hand mit im Aufschwung begriffenen Gebieten der Mathematik weiterentwickelt, wozu die Differentialgeometrie und die Theorie der Lie-Gruppen zählen.

Das Ziel des EU-finanzierten Projekts "Geometric mechanics" (GEOMECH) bestand deshalb darin, die an der "Geometrisierung" physikalischer Theorien arbeitenden Wissenschaftler zusammenzuführen. Sie wandten die Instrumente und die Sprache der modernen geometrischen Mechanik an, um zum Beispiel mechanische Systeme zu erforschen, die rollende Räder ohne Schlupf und/oder bestimmte Arten von Gleitkontakt aufweisen. Diese Systeme sind Beispiele für sogenannte nichtholonome Systeme. Im Unterschied zu klassischen Lagrange- oder Hamilton-Systemen unterliegen diese allgemeineren Systeme Beschränkungen hinsichtlich der Geschwindigkeiten und zeigen recht oft ein der Intuition widersprechendes Verhalten. Im Kontext des GEOMECH-Projekts teilten Mathematiker aus sieben Ländern ihr Wissen über diese nichtholonomen Systeme und vertieften den derzeit bestehenden Erkenntnisstand über deren Verhalten. Auch die Diskretisierung der mechanischen Systeme vom nichtholonomen Typ und die Konstruktion numerischer Integratoren für diese wurden untersucht.

Die GEOMECH-Wissenschaftlern behandelten außerdem den Effekt von Symmetrie in der Mechanik und der Feldtheorie. Symmetrien werden mathematisch durch Lie-Gruppen-Wirkungen vertreten und diese können angewandt werden, um die Anzahl der Freiheitsgrade des Systems zu reduzieren, in dem sie agieren, indem äquivalente Zustände in Gruppen vereint werden und das Auftreten von Erhaltungsgrößen ausgenutzt wird.

Ein Variationsprinzip, das sogenannte Hamilton-Pontryagin-Prinzip, wurde im Rahmen der klassischen Feldtheorie eingeführt. Die GEOMECH-Wissenschaftler wiesen nach, dass die resultierenden Feldgleichungen durch eine Erweiterung des Konzepts der Dirac-Struktur beschrieben werden können.

Fortschritte erzielte man gleichermaßen bei der Untersuchung zeitabhängiger mechanischer Systeme, welche als ein Sonderfall der Feldtheorie beschrieben wurden, und bei der geometrischen Differentialanalyse von Differentialgleichungen zweiter Ordnung einschließlich des umgekehrten Problems der Variationsrechnung. Letztere befasst sich mit der Erforschung des Problems, ob ein System aus Differentialgleichungen äquivalent zu einem Lagrange-System ist oder nicht.

Die enge Zusammenarbeit zwischen den GEOMECH-Partnern mündete in mehr als 80 wissenschaftlichen Arbeiten, die in von Experten begutachteten Fachzeitschriften veröffentlicht oder auf arXiv hochgeladen wurden. Die Verbindungen, die im Rahmen der von den Physikern realisierten Forschung geknüpft wurden, erbrachten die einzigartige Chance, neue Ideen im Sinne der Unterstützung der Forschung in den mathematischen Wissenschaften voranzubringen. Es bleibt zu hoffen, dass mit dieser Bündelung der Anstrengungen die Zukunft der geometrischen Mechanik in Europa in neue Bahnen gelenkt wird.

veröffentlicht: 2015-03-03
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