Strukturelle Veränderungen an Grenzflächen

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By Roger McLassus (Picture taken and uploaded by Roger McLassus.) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Eine EU-Finanzhilfe hat die Demonstration von bislang noch nie erreichten Phasenänderungen in Dünnschichten an deren Grenzflächen mit Substraten ermöglicht. Die Ergebnisse versprechen bahnbrechende Auswirkungen auf die Synthese, zum Beispiel in den Bereichen Arzneimittel und Lebensmittelzusätze oder auch organische Elektronik.

Die Flüssigkristallphase ist ein eindeutiger Zustand der Materie zwischen dem festen (kristallinen) und flüssigen Aggregatzustand. Alle Flüssigkeiten zeigen an Grenzflächen wie etwa Oberflächen, an denen die Moleküle nehmen eine normalerweise nicht vorhandene Positions- und Orientierungsordnung einnehmen, eine gewisse Anisotropie. Bei Flüssigkristallen ist dieses Verhalten sogar noch ausgeprägter. Somit sind Flüssigkristalle ideale Systeme, anhand von denen Oberflächen- oder Substrateffekte untersucht werden können. Außerdem kommen Flüssigkristalle aufgrund ihrer elektrischen Eigenschaften und der Fähigkeit zur Selbstorganisation in dünnen Filmen zunehmend als organische Halbleiter zum Einsatz.

Diskotische Flüssigkristalle, d. h. Kristalle aus scheibenförmigen Molekülen, sind eine interessante Unterklasse, die vor ungefähr 30 Jahren entdeckt wurde. Phasen, die in Dünnschichten aus diskotischen Flüssigkristallen in der Nähe von Festkörperoberflächen erzeugt werden, weisen eine dreidimensionale (3D) Ordnung auf. Störungen von deren labilem thermodynamischen Gleichgewicht führen zu einer flüssigkristallinen Volumenphase mit zweidimensionaler (2D) Ordnung.

Das EU-finanzierte Projekt "Substrate-induced phases of discotic liquid crystals" (DISCO) wurde auf den Weg gebracht, um die Struktur und die thermodynamischen Eigenschaften für diese Phasen zu charakterisieren. Die Forscher wählten ein Modell eines diskotischen Flüssigkristallsystems, da substratinduzierte Phasen nur selten in diskotischen Flüssigkristallsystemen experimentell zu beobachten sind.

Die Projektwissenschaftler untersuchten unter Anwendung von Röntgendiffraktometrie und Rasterkraftmikroskopie den Aufbau und die Strukturveränderungen, die mit substratinduzierten Phasen von diskotischen Flüssigkristalldünnschichten in Verbindung stehen. Man identifizierte eine dreidimensionale, säulenartige, tetragonale, plastische Kristallphase und wies nach, dass deren Bildung und Morphologie unabhängig von der Dicke der Filme, aber von der Zeit abhängig ist. Man kam zu bislang noch nie erreichten Resultaten: Die zweidimensionale, flüssigkristalline Phase wandelte sich aufgrund eines heterogenen Keimbildungsgeschehens, das durch das feste Substrat über einen Zeitraum von einem Monat oder länger initiiert wurde, in eine dreidimensionale plastische Kristallphase um.

Eine heterogene Keimbildung, zu der die Phasenumwandlung zwischen zwei beliebigen Phasen an Orten wie etwa Phasengrenzen oder Oberflächen gehört, ist sehr viel häufiger als die homogene Keimbildung. Sie spielt eine Rolle bei der Herstellung vieler technisch relevanter Materialien, wozu Arzneimittel, Lebensmittelzusatzstoffe, Metalllegierungen und organische Elektronik gehören. Die Erkenntnisse von DISCO und die weiterführende Forschung des Teams zu den Effekten der substratinduzierten Phasen auf die Materialeigenschaften werden daher weitreichende Auswirkungen auf die Entwicklung und Produktion neuartiger Verbindungen haben.

veröffentlicht: 2015-02-26
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