Neuer Spin zur Lichtmanipulation
Die Quantenwelt ist grenzenloses Entdeckerland für neue Anwendungen. Ein EU-finanziertes Ausbildungsnetzwerk hat einem aufstrebenden Gebiet, das Photonen in neuartigen quantenoptoelektronischen Bauelementen nutzt, einen Turboschub verpasst.
Eine der bedeutendsten und einzigartigsten Quanteneigenschaften von
Elementarteilchen ist der Spin. Dieser Eigendrehimpuls ist von sich
bewegenden Teilchen unabhängig, ist quantisiert (hat nur bestimmte
diskrete Werte) und kann im Fall von Photonen polarisiert oder im
Wesentlichen in eine bestimmte Richtung ausgerichtet sein.
Die Quanteneigenschaften eines Lichtquantums, des Photons, öffnen
die Türen zu erstaunlichen neuen Bauelementen, die noch vor kurzem der
Stoff waren, aus dem Science-Fiction gemacht wird. Spin-Optronik ist
Bestandteil eines wichtigen und sich neu abzeichnenden neuen Gebiets,
das den Spin und die optische Polarisation in Feststoffen mit dem Ziel
untersucht, quantenoptoelektronische Bauelemente zu bauen. Zehn führende
europäische Teams haben ihre Kräfte vereint, um mit Hilfe der
EU-Finanzierung des Projekts "Spin effects for quantum optoelectronics"
(SPIN-OPTRONICS) eine neue Generation von Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern auf diesem strategischen Forschungsbereich
vorzubereiten.
Die 18 jungen und erfahrenen Forscher führten unter der Leitung und
Betreuung der SPIN-OPTRONICS-Partner Spitzenforschung in vier
Hauptbereichen durch. Auf sämtlichen Gebieten erzielte man bahnbrechende
Resultate.
Eine reversible Steuerung einzelner Spins ist für die Entwicklung
von Spintronikbauelementen von großem Interesse. Die Forscher widmeten
sich erfolgreich den mit der Steuerung einzelner Spins in
Quantenpunkt-Bauelementen verbundenen Hauptherausforderungen und
demonstrierten diese Steuerung in mehreren verschiedenen Systemen.
Die Wissenschaftler entwickelten überdies Halbleiter-verschränkte
Leuchtdioden (entangled light-emitting diode, ELED). Eine
Quantenverschränkung tritt auf, wenn der Quantenzustand eines Teilchens
von dem des anderen abhängig ist. Die ELEDs kamen in bahnbrechenden
Experimenten zur Quanteninformationsverarbeitung und quantenbasierten
sicheren Kommunikation (Quantum Key Distribution) zum Einsatz.
Spin-Wechselwirkungen und magnetische Effekte wurden gleichermaßen
erkundet, was zur Herstellung einer neuen Klasse von
Hybrid-Spin-Optronikheterostrukturen hinführte. Das Projekt wäre aber
ohne die Auslieferung tatsächlich funktionierender Bauelemente nicht
komplett. So entwickelten die Wissenschaftler mehrere Polariton-basierte
Schaltungen (Tunneldioden, Interferometer, Schalter), bei denen die
neuartigen Hybridpartikel genutzt werden, die aus Photonen bestehen, die
stark an einen elektrischen Dipol gekoppelt sind. Das Projekt konnte
außerdem vorführen, dass die Polaritonenströme die Ausbreitung von
suprafluiden Spinströmen und magnetischen Ladungsanaloga unterstützen
können, die sich nahezu mit Lichtgeschwindigkeit bewegen und daher ein
sehr vielversprechender Vektor für die ultraschnelle Übertragung und
Bearbeitung von Informationen sind.
Das SPIN-OPTRONICS-Ausbildungsnetzwerk hat die Grenzen eines sich
neu formierenden Gebiet weiter gesteckt, dessen Potenzial auf eine
zukünftige kommerzielle Nutzung gewaltig ist. Übernimmt hier eine
Kerngruppe europäischer Forscher die Weltspitze, so werden sich daraus
in Zeiten schwerer Wirtschaftskrisen bedeutende Vorteile für die EU und
ihre Ökonomie ergeben.
veröffentlicht: 2015-02-18