Die Forscher haben eine neue neuronale Schnittstelle erstellt, die
Sinneseindrücke von einer künstlichen Hand ans Gehirn leiten kann. Diese
Schnittstelle verbindet das Nervensystem des Patienten mit den
künstlichen Sensoren, die in die Prothese integriert sind. Somit kann
der Verwender komplexe Hand- und Fingerbewegungen steuern.
Sørensen, dessen Hand vor 10 Jahren amputiert wurde, nahm an den
Versuchen des Projekts teil: "Sie gaben mir einen Baseball, den ich
greifen sollte, und zum ersten Mal seit zehn Jahren konnte ich fühlen,
dass ich etwas Rundes in meiner Handprothese halte."
Damit Sørensen die Form des Gegenstands, den er hielt, fühlen
konnte, mussten Forscher zuerst eine selektive neuronale Schnittstelle
entwickeln, die implantiert werden kann. "Selektiv bedeutet zum
Beispiel, dass, wenn ich mit Ihnen in einer Menschenmenge spreche, ich
nicht mit einer Person neben Ihnen spreche. Anders ausgedrückt haben die
Elektroden eine Schnittstelle mit einigen Bereichen der Nerven und
nicht mit anderen, die sich in der Nähe befinden", erklärt der
Projektkoordinator Dr. Silvestro Micera. Micera und sein Team haben die
künstliche Hand mit Sensoren ausgestattet, die Informationen zum Tasten
erfassen, die in Echtzeit an den Patienten gesendet werden. Dadurch ist
eine natürliche Steuerung der Hand möglich.
Die ersten Tests bestand der Prototyp mit Bravour. Der nächste
Schritt besteht darin, zwei oder drei Personen zu finden, die die
Prothese mit allen Bestandteilen, die getragen oder implantiert werden
können, einige Jahre lang testen. Wenn dies funktioniert, wäre der
letzte Schritt ein großflächiger klinischer Versuch in von jetzt an
gerechnet fünf bis sechs Jahren, mit dem ermittelt werden soll, ob die
Prothese weitflächig verwendet werden kann. Dr. Micera ist der festen
Überzeugung, dass die Prothese in zehn Jahren erhältlich ist.
Langfristige Finanzierung erforderlich
NEBIAS setzt die intensive multidisziplinäre Forschung in diesem Bereich fort, die vor vielen Jahren mit dem RP5-Projekt
CYBERHAND aus dem Programm
Künftige und neu entstehende Technologien
(FET) (2002–2005) begonnen wurde. Zwar konnte CYBERHAND eine
mechanische Hand entwickeln, jedoch erwies sich die Aufgabe der direkten
Verbindung mit dem Nervensystem für eine natürliche Steuerung als zu
groß für das Projekt. Anstrengungen zum Verbinden robotischer
Gegenstände mit dem Nervensystem wurden insbesondere im RP6 und RP7
weiterverfolgt. Dabei wurde eine Prototyp-Elektrode ohne
Sinnesrückmeldung erfolgreich getestet und Implantationsmöglichkeiten
von Elektroden in einem Nerv erforscht. Das Problem der sensorischen
Rückmeldung wurde erst kürzlich gelöst. Nun nutzt NEBIAS, ebenfalls ein
FET-finanziertes Projekt, die Prothese in vollem Umfang und entwickelt
die Technologie für bionische Arme weiter.
Durch die Ergebnisse der Vorgängerprojekte, die den Grundstein
bilden, ist es möglich verschiedene Probleme zu lösen und die
Technologie zu verfeinern. Somit entsteht eine bahnbrechende Innovation,
die das Leben vieler Amputierter in Europa und auf der ganzen Welt
verbessern kann.
Innovation durch Zusammenarbeit
Diese multidisziplinäre Forschung brachte Forscher aus den Bereichen
Werkstoffkunde, Computer- und Neurowissenschaften, biomedizinischer
Mikrotechnologie und Elektrotechnik zusammen. In diesen verschiedenen
EU-finanzierten Projekten arbeiteten Wissenschaftler aus 29
verschiedenen Einrichtungen u. a. aus 7 EU-Ländern (und sogar einer
Teilnahme aus den USA) zusammen an einem Ziel: Entwicklung einer
Handprothese, die eine natürliche Sinneswahrnehmung und Bewegung
ermöglicht.
"Dies ist eine der Sachen, die ich an der EU mag", sagt
Dr. Micera. "Diese länderübergreifenden Projekte sind erstaunlich. Sie
können in über 500 Millionen Menschen die besten Forscher in den
verschiedenen Bereichen finden."
Auch NEBIAS wurde Anfang November 2013 gestartet und läuft vier Jahre lang. Es erhält 3,4 Millionen Euro aus dem
7. Rahmenprogramm der Europäischen Kommission.
Link zur ProjektwebsiteDigitale Agenda für EuropaLink zum Video:
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