Mein Auto fährt, parkt und lädt sich von alleine!

Stellen Sie sich vor, sie müssen ganz eilig einen Zug erreichen, müssen aber zuerst Ihr Elektroauto parken. Sie suchen lange nach einem Parkplatz, im Idealfall einen, wo Sie Ihr Fahrzeug aufladen können, und verpassen so Ihren Zug. Wäre es nicht toll, Sie könnten einfach aus dem Auto aussteigen, es vor dem Bahnhof alleine lassen und es macht den Rest von selbst? Dank des EU-finanzierten IKT-Forschungsprojekts V-CHARGE könnte dies bald Wirklichkeit werden. Am Stuttgarter Flughafen wurde ein solches System im April 2014 erfolgreich getestet.

Sie sind sparsamer und umweltfreundlicher: die Anzahl der Elektroautos soll in Zukunft steigen. In diesem Zusammenhang würden die Menschen wahrscheinlich auch häufiger von einem Verkehrsträger zum anderen wechseln, was wiederum den Bedarf an besseren Parklösungen an Verkehrsknotenpunkten wachsen lässt.
Vor diesem Hintergrund arbeitet das V-CHARGE-Konsortium - bestehend aus sechs Partnern aus vier Ländern - an einem vollautomatischen Park- und Ladesystem für Elektroautos in öffentlichen Parkhäusern. Derzeit gibt es zwei elektrische Testfahrzeuge, eines in Wolfsburg und eines in Zürich, das dritte befindet sich derzeit in der Entwicklung.
'Die Idee besteht darin, dass wir Technologien tatsächlich nutzen können, um den Menschen zu ermöglichen, zwischen öffentlichem und privatem Verkehr hin und her zu wechseln', sagt Dr. Paul Furgale , wissenschaftlicher Projektleiter von V-CHARGE und stellvertretender Direktor vom Autonomous Systems Lab an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich. 'Bei einem vollautomatischen Park & Ride-System kann der Fahrer aus dem Auto sofort in den Zug umsteigen, ohne nach einem Parkplatz suchen zu müssen. Eine wertvolle tägliche Zeitersparnis für Pendler.'
Ein weiterer Vorteil von V-CHARGE wäre, dass der Verkehr im Parkhaus flüssiger ablaufen würde, sodass freie Parkplätze schneller gefüllt und Staus minimiert werden würden.
SMARTPHONES UND SENSOREN
Mithilfe von V-CHARGE können die Fahrer das Auto vor dem Parkhaus stehen lassen und über eine Smartphone-App den Parkvorgang auslösen. Das funktioniert folgendermaßen: Das Fahrzeug verbindet sich zuerst mit dem Server des Parkhauses, um dort ein Drop-off-Signal zu hinterlassen. Der Server berechnet dann die Route und teilt diese dem Auto mit, das sich dann eigenständig zu dem genannten Parkplatz bewegt.
Begegnet ihm ein anderes Fahrzeug auf seinem Weg, hält das Elektroauto entweder an und lässt es passieren oder manövriert um es herum. Innerhalb des Parkhauses kann das Fahrzeug auch so programmiert werden, dass es zu einer freien Ladestation fährt. Beim Abholen benutzt der Fahrer die gleiche App, um das Auto zu rufen - voll aufgeladen und abfahrbereit.
Da in Parkhäusern keine GPS-Satellitensignale empfangen werden können, haben die Wissenschaftler ein auf Kameras basierendes System mit insgesamt 8 Kameras für jedes Fahrzeug entwickelt.
Das Auto muss vom Server des Parkhauses eine Karte mit einer Beschreibung der Umgebung herunterladen. Durch den Vergleich der Kamerabilder mit den Daten aus der Karte kann das Fahrzeug herausfinden, wo es sich genau befindet und wo es hingehen soll, um dann selbst zu einem geeigneten Ort zu navigieren.
Das System funktioniert in jedem Parkhaus, solange die Fahrzeuge mit Sensoren und Kameras ausgestattet sind, ähnlich denen, die heute von Parkhilfe- und Notfallbremssystemen genutzt werden.
SICHERHEIT UND GENAUIGKEIT
Aus Sicherheitsgründen ist die Geschwindigkeit der autonom fahrenden Autos auf maximal 10 km/h begrenzt.
Nach der erfolgreichen Demonstration des voll automatisierten Parkdienstes im Bosch-Parkhaus am Flughafen Stuttgart konzentrieren sich die Wissenschaftler nun auf die Verbesserung der Genauigkeit bei den Parkmanövern und die Perfektionierung der Navigation. Auf diese Weise können sich die Fahrzeuge zuverlässig auf jede Situation einstellen, beispielsweise auf wechselnde Lichtverhältnisse oder auf Fußgängerbereiche.
'Parkplatzbereiche können sehr komplex sein', erklärt Dr. Furgale. 'Im letzten Teil des Projekts wird es vor allem darum gehen, mit dynamischen Umgebungen umzugehen und sich bewegende Objekte zu erfassen.'
Im September 2015 will das Projekt ein Proof-of-Concept-System für automatisiertes Park & Ride demonstrieren.
Das komplette System ('Valet Parking and Charging') soll innerhalb der nächsten zehn Jahre auf den Markt kommen. Einige der Komponenten könnten allerdings bereits viel früher verfügbar sein.
Dr. Furgale ist davon überzeugt, mithilfe der gleichen Technologie könnten auch autonome Parksysteme für Elektroautos in Straßen entwickelt werden. 'Das wird eine größere Herausforderung', sagt er, 'aber wenn man erst einmal die Karten erstellt hat, lässt sich der Rest der Technik gut hinzufügen.'
V-CHARGE läuft über vier Jahre und wird mit 5,6 Millionen Euro aus dem Siebten Rahmenprogramm der Europäischen Union (RP7) finanziert.
Link zur CORDIS-Seite des Projekts
Link zur Projekt-Website

veröffentlicht: 2015-01-22
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