Frei zugängliche chemische Instrumente könnten die Entwicklung erforderlicher Arzneimittel beschleunigen

Was passiert, wenn sich die Industrie und akademische Kreise zum Wohle der Wissenschaft zusammenschließen? Sie starten eine frei zugängliche Website, die Forscher bei der Entdeckung neuer medizinischer Behandlungen unterstützt.

Chemische Sonden sind wichtige Instrumente in der Forschung für die Wirkstoffentdeckung. Chemische Biologen nutzen diese kleinen Moleküle häufig zur Untersuchung oder Manipulation biologischer Systeme wie Zellen und Organismen. Auch wenn die Arzneimittelindustrie zahlreiche qualitativ hochwertige Sonden entwickelt hat, sind die damit verbundenen Daten oftmals unzureichend oder irreführend. Dieser Mangel an vertrauenswürdigen Daten ist ein Hindernis für Forscher, die darüber entscheiden, welche chemischen Instrumente auf der Suche nach neuen Behandlungen verwendet werden sollen.

Um diesem Mangel an zugänglichem Wissen zu begegnen, schloss sich eine Gruppe von Pharmaunternehmen, Universitäten, Krankenhäusern und Forschungseinrichtungen mit dem Ziel zusammen, der Forschungsgemeinschaft eine Vielzahl innovativer Sonden sowie die damit verbundenen Daten zur Verfügung zu stellen. Die Partner des zum Teil von der EU mitfinanzierten Projekts ULTRA-DD haben eine Webseite namens „Open Science Probes“ ins Leben gerufen. Die Seite stellt Informationen über eine einzigartige Sammlung von Sonden sowie über die damit verbundenen Daten und Kontrollstoffe zur Verfügung. Sie bietet auch Informationen zur Verwendung der Moleküle und die Möglichkeit zur Bestellung von Molekülen. Die zur Verfügung gestellten chemischen Instrumente und zielorientierten Kenntnisse sind in einem Artikel beschrieben, der auf der eLife-Plattform veröffentlicht wurde.

Sondenauswahl

Die auf der Webseite veröffentlichten Sonden erfüllen bestimmte Kriterien. Sie haben eine In-vitro-Potenz von weniger als 100 nM, eine 30-mal höhere Selektivität in der Zielfamilie, ein umfassendes Off-Target-Profiling außerhalb der Zielfamilie und eine signifikante zelluläre Aktivität von weniger als 1 μM in Bezug auf das Ziel. Außerdem ist für jede Sonde ein 100-mal weniger potenter Kontrollstoff verfügbar und falsch positive Stoffe werden ausgeschlossen. Diese Sonden komplementieren die Sammlung, die für das gemeinnützige Structural Genomics Consortium und für die Mitwirkenden erstellt worden ist.

Zur Qualitätssicherung werden die Sonden und Kontrollstoffe einem zweistufigen Prüfungsprozess unterzogen. Bei Stufe eins handelt es sich um eine interne Prüfung, die durch Partner durchgeführt wird, die nicht an der jeweiligen Sondenentwicklung beteiligt gewesen sind. Die zweite Prüfung wird extern durch unabhängige Wissenschaftler durchgeführt.

Die Sonden reichen von neuartigen erstklassigen Stoffen bis hin zu Sonden, die ausgewählt wurden, weil sie mit Kontrollstoffen ein komplettes Set bilden. Obwohl manche Stoffe bereits kommerziell verfügbar sind, gibt es für die meisten Stoffe keinen passenden, gemeinhin charakterisierten Kontrollstoff. Die Sonden decken Proteine aus einer Vielzahl von Wirkstoffziel-Familien ab, darunter G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, Kinasen und Proteasen. Sie decken auch andere Proteinziele ab, die mit der Behandlung von Krebs, entzündlichen Krankheiten und neurodegenerativen Erkrankungen verbunden sind.

Die Partner hoffen, dass das Projekt andere Unternehmen und Akademiker zur Mitwirkung und zur Stiftung von Sonden ermutigen wird, die der Forschungsgemeinschaft zugutekommen werden. „Wir glauben, dies ist ein spannender erster Schritt in der Entdeckung und Bereitstellung hochqualitativer chemischer Sonden zur Entschlüsselung einer neuen Biologie und letztlich neuer hochqualitativer Ziele für die Wirkstoffentdeckung“, heißt es in dem eLife-Artikel.

Zukunftspläne

Der nächste Schritt besteht darin, die Website um Zusatzfunktionen wie z. B eine Suche nach chemischen Unterstrukturen zu ergänzen. Zur Unterstützung von Wissenschaftlern werden vollständige Untersuchungsergebnisse bereitgestellt und die verwendeten Reagenzien aufgelistet. Das Projekt zielt darauf ab, innerhalb der nächsten zwei Jahre mehr als 70 000 biologische Datensätze zu erstellen, um eine reichhaltige und einfach zugängliche Informationsquelle für Forscher zu schaffen.

Durch diese Maßnahmen spielt ULTRA-DD (Unrestricted Leveraging of Targets for Research Advancement and Drug Discovery) eine wichtige Rolle für die beschleunigte Entwicklung von Arzneimitteln in Bereichen, in denen diese dringend benötigt werden. Die starke Open-Access-Strategie des Projekts eröffnet die Möglichkeit für die Entdeckung neuer Behandlungen, die bislang aufgrund eines Mangels an nützlichen Erkenntnissen, Ressourcen und Instrumenten nicht möglich gewesen ist.

Weitere Informationen:
ULTRA-DD Projektwebseite

veröffentlicht: 2018-06-15
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