Von chemischer Reaktion bis hin zu lebenden Zellen – Was hat die Entwicklung des frühen Lebens auf der Erde angestoßen?

Chemiker in München haben nachgewiesen, dass der Wechsel von nassen und trockenen Bedingungen auf der Urerde möglicherweise ausgereicht hat, um die präbiotische Synthese von RNA-Nukleosiden auszulösen, die in allen Lebensbereichen zu finden ist.

Während unser Wissen über die Bedingungen auf der Urerde wächst, ist die Entwicklung von RNA und DNS vor rund vier Milliarden Jahren nach wie vor ein Mysterium. Was war der Ursprung der chemischen Strukturen, welche die Untereinheiten dessen bilden, was wir als „Erbmoleküle“ – RNA und DNS – kennen? Diese Moleküle haben sich schließlich zu langen Ketten zusammengeschlossen, die Informationen nicht nur verschlüsselt, sondern auch vervielfältigt und weitergegeben haben: Wie hat das alles angefangen? Die Suche geht weiter, denn das Ziel ist es, mehr über die chemische Entwicklung zu erfahren, aus der die ersten biologischen Zellen entstanden sind.

Die Forschung der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München, die zum Teil durch das EPiR-Projekt der EU unterstützt wird, hat sich mit dieser spannenden Wissenslücke befasst, und die jüngsten Erkenntnisse des Teams wurden jetzt veröffentlicht in „Nature“. Indem sie einfache Chemikalien den schwankenden physischen Bedingungen ausgesetzt haben, die vor Milliarden Jahren in geothermisch aktiven Gebieten unseres Planeten vorherrschten, wie beispielsweise jene, die durch vulkanische Aktivität verursacht wurden, haben die Forscher gezeigt, dass Nukleoside in einem kontinuierlichen Prozess gebildet werden können.

Brutstätte lebenschaffender Bestandteile

Sie begannen mit einer Mischung der Elemente, von denen in der Vergangenheit nachgewiesen wurde, dass sie unter probiotischen Bedingungen primitive Vorläufer bilden: Ameisensäure, Natriumnitrit, Essigsäure und einige stickstoffhaltige Verbindungen. Das Reaktionsgemisch enthielt außerdem Eisen und Nickel, die beide in großer Menge in der Erdkruste zu finden sind. Dann setzten sie die Charge wechselnden Temperaturen, pH-Werten und Feuchtigkeit aus, um die Bedingungen der Frühzeit zu simulieren, wie jene, die durch stark schwankende saisonale Temperaturen verursacht wurden.

Das Team setzte damit die Arbeit aus dem vergangenen Jahr fort, begann aber nicht nur mit einfacheren Vorläuferverbindungen, sondern entschied sich darüber hinaus dazu, Bedingungen zu schaffen, die vermutlich in einer plausiblen geologischen Umgebung vorherrschen würden, z. B. in hydrothermalen Quellen an Land.

Indem das Team diese Bestandteile mischte und sie Bedingungen aussetzte, die die Geologie und Meteorologie der Urerde simulieren, fand es heraus, dass Verbindungen, die als Formamidopyrimidine bekannt sind, das Ergebnis einer Reihe von Reaktionen sind – eine wesentliche Erkenntnis, denn diese Verbindungen können zu Adenosin und Guanosin werden, die beide in der DNS vorkommen. Außerdem wurde synthetisch eine ganze Reihe verwandter Moleküle gebildet.

Wie die Forscher sagen: „Noch verblüffender ist, dass alle Modifikationen, die wir beobachtet haben, bekanntermaßen in allen drei Lebensbereichen in RNA vorkommen – Eukaryota (Tiere und Pflanzen), Bakterien und Archaeen – und daher wesentliche Bestandteile funktionstüchtiger genetischer Systeme sind.“ Aufgrund ihrer Ergebnisse glauben die Forscher, dass die Verbindungen höchstwahrscheinlich im letzten gemeinsamen Vorfahren aller Lebensformen vorhanden waren. Sie argumentieren, dass dies wiederum „(...) nahelegt, dass diese Verbindungen auf der Urerde vorhanden waren, als die biologische Evolution angefangen hat.“

EU-Förderung hilft, die Rätsel den Ursprung des Lebens auf der Erde zu entschlüsseln

Der Advanced Grant der EU für EPiR (The Chemical Basis of RNA Epigenetics) unterstützt die Erforschung der Frage, welche Rolle die Chemie in der Entwicklung des frühen Lebens gespielt hat. EPiR erklärt, dass der genetische Code aus einer definierten Abfolge von vier kanonischen Nukleosiden besteht und die Abfolge dieser Grundformen die Blaupausen allen Lebens auf der Erde trägt. Offensichtlich reichen die Informationen dieser Abfolge allein nicht aus, um zu erklären, wie ein mehrzelliger Organismus spezialisierte Zellen wie die 200 bekannten Zellarten eines menschlichen Körpers entwickeln kann.

Laut EPiR ist hierfür eine zweite Informationsschicht erforderlich, und es hat sich gezeigt, dass diese Informationen im Wesentlich auf Chemie basieren. Mehr als 150 chemische Derivate von RNA-Nukleosiden sind bekannt, und es gibt noch viele weitere zu entdecken. Darum erforscht EPiR RNA-Modifikationen, um deren Funktionen zu entschlüsseln.

Weitere Informationen:
CORDIS-Projektwebsite

Datum der letzten Änderung: 2018-02-09 17:15:01
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