Obwohl Antibiotika eine hochwirksame Waffe gegen bakterielle Infektionen
sind, hat ihr Missbrauch die Resistenzbildung von Bakterien gefördert,
was Behandlungsmöglichkeiten immer stärker einschränkt und ein
ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung darstellt. Da
weder die Evolution noch Entstehung und Ausbreitung von Resistenzgenen
hinreichend erforscht sind, muss der Wissensstand hierzu enorm
erweitert werden.
Um dieses Problem anzugehen, brachte das EU-finanzierte Projekt
EVOTAR (Evolution and transfer of antibiotic resistance) europaweit Experten aus allen Fachbereichen zusammen, um mechanistische Einblicke in die Entwicklung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen bei Humanpathogenen zu gewinnen. Das Konsortium wird das menschliche Reservoir an Resistenzgenen wie auch die Dynamik und Entwicklung der Interaktion zwischen resistenten und nicht-resistenten Bakterien analysieren.
In einem neu erstellten Katalog für antibiotische Resistenzfaktoren wurden bislang mehrere hundert Antibiotikaresistenzgene erfasst. Interessanterweise wurden Resistenzgene in kommensalen Bakterien identifiziert, deren relative Abundanz und Diversität vor allem auf Intensivstationen erhöht ist. Um die Relevanz der einzelnen Resistenzgene zusammen mit ihrer Übertragbarkeit zu bewerten, entwickelte das Konsortium funktionelle Genomik- und Metagenom-Ansätze und entsprechende bioinformatische Methoden. Außerdem wurde eine anwendungsspezifische Generfassungsplattform erstellt. Sie enthält 81.000 Zielstrukturen für die verbesserte Detektion von Sequenzen, die an Antibiotikaresistenzen und Übertragbarkeit beteiligt sind.
Um die Fitness und Epidemiologie resistenter Erreger zu ermitteln, wurden phylogenomische und Modellansätze auf Basis von Membraneigenschaften (Membrane Computing) entwickelt, die die Evolution und Ausbreitung von Resistenzen beschreiben. Intensiv wurde auf die Entwicklung chemischer Substanzen hingearbeitet, die nach einer Antibiotikatherapie antibiotische Rückstände im Darm und damit das Risiko einer Antibiotikaresistenz im Darm verringern. Ebenso wurde an natürlichen Inhibitoren der bakteriellen Konjugation geforscht, um den Austausch von Resistenzgenen zu stoppen.
Derzeit wird der natürliche Transfer von Resistenzgenen in kontrollierten Mikrokosmen im Detail nachgestellt bzw. modelliert, um die Mechanismen zu klären, mit denen unter natürlichen Bedingungen Resistenzgene weitergegeben werden können.
Insgesamt wird EVOTAR wertvolle Einblicke zu den wichtigsten Reservoirs von Antibiotikaresistenzgenen in Humanpathogenen liefern. Anhand der Daten zu Entwicklung, Transfer und Entstehung dieser Gene könnte künftig die Entstehung von Antibiotikaresistenzen genauer vorhergesagt werden.