Darwins Evolutionstheorie hinterfragt
Viele Organismen nutzen für ihre Entwicklung eine begrenzte Anzahl von physikalischen Prozessen, um funktionell ähnliche und doch sehr verschiedene Merkmale auszubilden. Entwicklungsdynamische Faktoren, die den jeweiligen Phänotypen beeinflussen, sind jedoch kaum erforscht.
So können teratogene (reproduktionstoxische) Substanzen bei Hühnerembryonen Variationen der Schnabelform bewirken, Diese Variante gleicht jener, die in der Natur beobachtet wird und sich durch natürliche Selektion und andere Prozesse entwickelt hat. Diese Beobachtungen zeigen, dass interne Faktoren eine wichtige Rolle bei der Entwicklung spielen und alternative Erklärungen für die Entwicklungsveränderungen, die an solch abrupten Formübergängen beteiligt sind, benötigen.
Das EU-finanzierte Forschungsprojekt "Internalist vs externalist evolutionary biology: do we need a new synthesis?" (NEWSYN) untersuchte daher auf experimenteller Ebene, wie Entwicklungsprozesse die Evolution verändern.
Am Beispiel der embryonalen Schnabelentwicklung wurden Transformationen an mit Valproinsäure behandelten Hühnerembryos analysiert. Morphometrische Analyse zeigten, dass frühzeitige Veränderungen im Gesicht auf eine spätere starke Krümmung des Schnabels hinwiesen.
Forschungen zur Schädelform einer anderen Vogelart ergaben ähnliche evolutionäre Muster bei entfernt verwandten Arten mit unterschiedlicher Lebensweise. Dies wiederum legt nahe, dass hier nicht funktionelle Erfordernisse eine Rolle spielen, sondern vielmehr der Prozess der Schädelentwicklung.
Insgesamt offenbaren die Experimente von NEWSYN, dass der Phänotyp nicht von Genen allein bestimmt wird, sondern dass Gene indirekt bestimmte physikalische Prozesse beeinflussen, die dann in einem bestimmten Merkmal resultieren. Der Nachweis, dass die Evolution durch komplexe innere Veränderungen angetrieben wird und nicht nur durch natürliche Selektion, trägt zu aktuellen Debatten über die Evolutionstheorie bei.
veröffentlicht: 2015-06-19