Hochauflösende neuronale Bildgebung in Echtzeit
Neuronale Zellen besitzen Verzweigungen mit kleinen Verdickungen am Ende, so genannte Dornenfortsätze, mit denen die Verbindung und Kommunikation zum nächsten Neuron hergestellt wird. In einer bahnbrechenden Studie stimulierten die Wissenschaftler einzelne Synapsen und stellten die Veränderungen mit bildgebenden Verfahren dar.
Verglichen mit anderen, meist kugelförmigen Körperzellen, besitzen
Neuronen eine einzigartige Morphologie. Aus dem Zellkörper ragen
spezielle Fortsätze für das Senden und Empfangen von Signalen heraus. An
einem Ende wächst ein verzweigter dendritischer Baum und gegenüber ein
einzelnes langes Axon heraus.
Dendriten sind noch kleiner als normale Zellen, zudem beruht ihre
synaptische Funktion auf den Verdickungen bzw. dendritischen Dornen, die
die Kommunikation zwischen Neuronen ermöglichen. Deren Fehlfunktionen
sind Auslöser einer Reihe neurologischer Erkrankungen.
Da sie sehr klein und sehr dynamisch sind, war es bislang schwierig,
ihr Verhalten in situ zu untersuchen. Das EU-finanzierte Projekt
"Nanoscale photoactivation and imaging of synaptic spine dynamics"
(DYNASPINE) entwickelte hierfür Techniken, um in Echtzeit den
Zusammenhang zwischen Struktur und Funktion auf Ebene einzelner Synapsen
zu erforschen.
Die neuronale Signalübertragung beruht auf dem komplexen
Zusammenspiel chemischer und elektrischer Signalkomponenten, etwa
Spannungsänderungen in der Membran, sich öffnende und schließende
Membranporen und Austausch von Ionen und Molekülen. Auch die Anzahl,
Größe und Form der Dornen kann sich verändern (Plastizität). Solche
Veränderungen können die langfristige synaptische Übertragung verstärken
(Langzeitpotenzierung) und werden auch durch wiederholte Stimulierung
induziert, die vor allem bei Lern- und Gedächtnisprozessen eine Rolle
spielt.
Das Forscherteam kombinierte elektrophysiologische Aufnahmen mit
STED-Mikroskopie (stimulierte Emissionsdepletion), einem der modernsten
hochauflösenden Mikroskopieverfahren. Es induzierte die photostimulierte
Freisetzung des exzitatorischen Neurotransmitters Glutamat, um
Rezeptoren an der einzelnen Synapse zu stimulieren.
Die Experimente belegten die Plastizität von Dornen, insbesondere
die Verkürzung oder Verbreiterung des Halses bei synaptischer
Potenzierung. Zudem zeigte sich, dass der Einfluss dieser strukturellen
Veränderungen auf die chemische und elektrische Signalgebung
überraschend variiert, was auf eine sehr viel komplexere Funktion
neuronaler dendritischer Dornen hindeutet.
DYNASPINE eröffnet damit neue Wege zur Erforschung der
Funktionsweise dendritischer Dornen. Die Weiterführung dieser
interessanten Forschungsrichtung könnte für die Neurowissenschaften von
großer Bedeutung sein.
veröffentlicht: 2015-02-10