Lebensmittelsicherheit ist für die Lebensmittelindustrien von zentraler Bedeutung – auch für die Milchindustrie. Wie bei jedem Nahrungsmittel können Verunreinigungen auch bei Milch und Milchprodukten nachteilige Auswirkungen auf die Verbrauchergesundheit haben. Schädliche Mikroorganismen gelangen für gewöhnlich durch Euterinfektionen (z. B. Staphylococcus aureus) oder Hygienemängel (z. B. Escherichia coli) in die Milch. Auch chemische Stoffe wie Antibiotika, Mykotoxine und Pestizide können die Milch kontaminieren. Sie gelangen über das Tränkwasser oder Futter oder auch durch unzureichende Kontrollen der Anlagen und Milchlager in die Milch. Um den Eintritt verunreinigter Milch und Milchprodukte in die Nahrungskette zu verhindern, werden über den gesamten Produktionsprozess hinweg Tests durchgeführt.
Standardtests für die Milchqualität und -sicherheit können mit einem hohen Kosten- und Zeitaufwand verbunden sein. Das EU-finanzierte Projekt MOLOKO (Multiplex phOtonic sensor for pLasmonic-based Online detection of contaminants in milK), das vor Kurzem ins Leben gerufen wurde, hat bereits eine Möglichkeit gefunden, Kontaminanten in der Milch erheblich günstiger und schneller zu erkennen. Der von MOLOKO entwickelte neue Sensor fungiert als Frühwarnsystem, das in nur fünf Minuten eine Analyse ermöglicht. Dies könnte auch dazu beitragen, die Milchverschwendung und den Einsatz von Antibiotika während der Milcherzeugungs -und verarbeitungsverfahren zu verringern.
Biosensor für Vor-Ort-Tests
Der neue optische Sensor setzt sich aus vier hochtechnologischen Grundbausteinen zusammen: organischen lichtemittierenden Transistoren, organischen Photodetektoren, rekombinanten Antikörpern und einer nanostrukturierten plasmonischen Oberfläche. Bei Letzterem handelt es sich um ein nanoplasmonisches Gitter, das durch eine hochleistungsfähige, markierungsfreie Screening-Technologie unterstützt wird: die sogenannte Oberflächenplasmonenresonanz. Die hochempfindliche, nicht-invasive Oberflächenplasmonenresonanz liefert Echtzeitinformationen darüber, wie bestimmte voreingestellte Rezeptoren mit den ausgewählten Bakterien, Giftstoffen, Antibiotika oder anderen Kontaminanten interagieren.
„Die Erkennung und Untersuchung von Kontaminanten in Flüssigkeiten gewinnt in der Biosensorik zunehmend an Bedeutung“ , so Stefano Toffanin, MOLOKO-Projektkoordinator und Wissenschaftler im Nationalen Forschungsrat in Italien, in einem
Nachrichtenartikel, der auf der Website von Photonics21 erschien. „Bis vor Kurzem war es durch optische Einschränkungen, hohe Kosten und die begrenzte Parametererkennung noch unmöglich, Oberflächenplasmonenresonanz außerhalb der Laborumgebung zu nutzen. MOLOKO kann dank unserer einzigartigen integrierten Sensorarchitektur hingegen in wenigen Minuten Ergebnisse für erweiterte Milchanalysen liefern.“
Der Hand-Biosensor kann gleichermaßen von Fachleuten und in den Betrieben beschäftigten Laien genutzt werden. Er ermöglicht Tests auf zehn verschiedene Kontaminanten (Mykotoxine, antibakterielle Wirkstoffe sowie Staphylokokken-Enterotoxine) und liefert schnelle Ergebnisse vor Ort. Zudem lässt sich der Sensor zur Inline-Überwachung auch in Melkmaschinen integrieren.
Proteinerkennung für hochwertigen Käse
Der Biosensor kann außerdem zwei verschiedene Proteine (kappa-Casein und Laktoferrin) erkennen, die zur Qualitätsbeurteilung von Milch und Milchprodukten dienen. Besonders das Milchprotein kappa-Casein B wird in der Käseindustrie für seine gerinnungsfördernden Eigenschaften geschätzt, die hohe Produktionsmengen an festem Käse ermöglichen. Molkereien zahlen daher für Milch, die dieses Protein enthält, in der Regel höhere Preise.
Mithilfe des neuen optischen Sensors können Landwirte nun ihre Zuchtprogramme anpassen und entsprechend Kühe züchten, die Milch mit hochwertigen Proteinen produzieren. „Dieses Sensorsystem gibt Landwirten einen aufschlussreichen Einblick in die Gesundheit ihrer Kühe, ermöglicht Milchviehbetrieben die sofortige Beurteilung über mögliche Kontaminanten in der Milch und erleichtert Molkereien die Qualitätskontrolle“, so Toffanin.
MOLOKO rechnet damit, bis 2021 einen Prototyp des Sensors vorlegen zu können.
Weitere Informationen:
MOLOKO-Projektwebsite