Wissenschaftler, die Kalzium in einer Meeresumgebung untersuchten, entdeckten, dass zwischen der Versauerung der Meere durch den Klimawandel und der Art, wie Muscheln ihre Kalkschale ausbilden, ein direkter Zusammenhang besteht. Die Schale schützt Muscheln vor Raubtieren und wird bereits in einem sehr frühen Entwicklungsstadium gebildet. Hier sind sie besonders empfindlich für niedrige pH-Werte im Meer, die durch eine zunehmende Aufnahme von Kohlendioxid aus der Atmosphäre, das sich im Meerwasser löst, verursacht werden.
In einer EU-finanzierten Studie wird untersucht, inwieweit die Versauerung die größtenteils unerforschten Mechanismen hinter Kalzifikation, Wachstum, Fehlbildung und Auflösung von Muschelschalen beeinflusst. Die Ergebnisse von CACHE (Calcium in a CHanging Environment) helfen zu erklären, wie die Larven von Bivalvia wie Muscheln in Szenarien mit moderater Versauerung Schalen ausbilden, und zeigen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen dem Karbonatgehalt des Wassers und der Art besteht, auf die Larven Kalkschalen bilden.
Eine neue Sichtweise auf die Schalenbildung von Muscheln
Muscheln beginnen mit dem Ausbilden ihrer Schale, sobald sie einen Tag alt sind. In einem in
„Nature Communications“ veröffentlichten Bericht legen die Forscher dar, wie sie Mikroelektroden und fluoreszierende Farbstoffe verwendet haben, um die Ablagerung des Kalziumkarbonats in einer Larve mit einer ein bis zwei Tage alten Schale zu beobachten. Sie fanden heraus, dass das Kalzium nicht, wie bisher angenommen, in den Zellen gebildet wird, sondern vielmehr aus dem Meerwasser gefiltert und mittels spezieller Proteine transportiert wird, bevor Kalziumkarbonat entsteht.
Danach untersuchten die Wissenschaftler die Gegebenheiten direkt unterhalb der Schale. Hierbei stellten sie fest, dass die Larven dazu imstande waren, den pH-Wert und die Karbonatkonzentration unterhalb ihrer Schale zu erhöhen, wodurch die Kalzifikation beschleunigt wurde. In einer saureren Umgebung nahm die Fähigkeit der Larven zur Kalzifikation ab. Bei der höchsten Konzentration von CO2 stellten die Forscher eine stärkere Auflösung der Schalen fest, die zu höherer Mortalität führte.
Bivalvia spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem, unter anderem als Bioindikatoren zur Überwachung der Menge an Schadstoffen in einem Gewässer und als Biofilter. Sie sind besonders anfällig für die Versauerung der Meere. Bisher war weitgehend unbekannt, wie sie zur Schalenbildung Kalzium regulieren, wie dieser Vorgang von den sich verändernden Umweltbedingungen beeinflusst wird und wie sich dies auf den Bestand auswirkt. Diese Wissenslücke erschwert, die zukünftige Biodiversität und die Auswirkungen auf die Aquakulturbranche vorherzusagen. Die im CACHE-Projekt geleistete Forschungsarbeit legt nahe, dass die hohe Empfindlichkeit der Muschellarven gegenüber Versauerung in ihrer begrenzten Fähigkeit zur Regulierung von Ionen begründet ist.
Da Mollusken eine lösliche Form von Kalzium im Meerwasser aufnehmen und es in eine nicht lösliche Verbindung umwandeln, ohne dazu enorme Energiemengen zu benötigen, könnte das Verständnis dieses Vorgangs möglicherweise Anwendung in der Biotechnologie finden. Das Ziel beim CACHE-Projekt ist es, das Wissen über die Kalziumproduktion in einer Meeresumwelt zu mehren und Nachwuchswissenschaftler darin auszubilden, komplexe biologische Probleme mit multidisziplinären Ansätzen anzugehen. Zu verstehen, wie kommerziell bedeutsam Mollusken ihre Schalen ausbilden und diese Schalenbildung unter unterschiedlichen Umweltbedingungen steuern, dürfte ebenfalls Erkenntnisse darüber erbringen, wie diese Spezies vom Klimawandel betroffen ist und wie widerstandsfähige Bestände für Aquakulturen gezüchtet werden könnten.
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