Tropischer Vogel singt ohne Üben

Vogelschutzbemühungen erfordern das Verständnis für die Vielfalt der Mechanismen im Fortpflanzungsverhalten. Obwohl mehr als 50% aller Vogelarten in tropischen Regionen leben, konzentrieren sich die meisten Studien auf Vögel in gemäßigten Regionen. Dieser Schwerpunkt muss verschoben werden, um ein Gleichgewicht in diesem Forschungsbereich zu schaffen.

Mit diesem Problem befasst sich das EU-finanzierte Projekt "Control of reproductive behaviors in an equatorial sub-oscine bird: Implication for biodiversity studies" (LIPAUGUS). Das Projekt konzentriert sich auf einen tropischen Vogel, den Lipaugus vociferans (Schreipiha), der auch als die Stimme des Amazonas bekannt ist.

Im Amazonasbecken verlassen sich die Schreipiha-Männchen im Paarungsverhalten auf Gruppengesänge. Das Projekt LIPAUGUS soll Erkenntnisse zu Timing, biochemische Signale und Lernen im Zusammenhang mit diesem Fortpflanzungsverhalten liefern.

Die Forscher nahmen die Gesänge von einzelnen Vögeln mithilfe eines neuen Aufzeichnungssystems auf Basis von überlappender Triangulation auf. Die Ergebnisse zeigten, dass die Männchen in der Mitte jeder Gruppe komplettere Melodien singen. Dies könnte dazu dienen, die Weibchen für dominantere Männchen zu gewinnen. Da die Reproduktionsrate während der Regenzeit trotz durchgängigem Singen niedrig ist, integrieren die Weibchen den Gesang der Männchen vielleicht über lange Zeiträume hinweg.

Hodengröße und hormonsensitive Klang erzeugende Muskeln (Syrinx) wurden mit der Saisonalität der Paarung in Verbindung gebracht. Studien zur Hirnanatomie lassen ferner darauf schließen, dass die komplizierten Melodien sind angeboren sind und nicht erlernt werden müssen, wie es bei ähnlichen Singvögeln der Fall ist.

Dieses Projekt zeigt, dass Nicht-Singvogelarten, die in den Tropen häufig vorkommen, stimmliche Fähigkeiten mit anderen Mitteln als Singvogelarten erwerben können, und liefert ein Modell, um die Rolle der ökologischen Bedingungen im Balzverhalten zu erkunden. Das Tonaufnahmesystem steht ab sofort der breiteren wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung, um die Artenschutzforschung zu fördern.