Um alle Menschen zu ernähren, muss die Pflanzenproduktion verdoppelt
werden, während gleichzeitig die Auswirkungen des Klimawandels – wie
etwa die Verfügbarkeit von Wasser in vielen Teilen der Welt – bewältigt
und die negativen Auswirkungen von Düngemitteln reduziert werden müssen.
Wir brauchen Nahrungspflanzen, die höhere Erträge produzieren, indem
sie effizienter an Wasser und Nährstoffe gelangen und diese auch besser
absorbieren. "10 000 Jahre lang konzentrierte sich die Landwirtschaft
auf die obere Hälfte der Pflanzen", erklärt Prof. Bennett. Aber der
Schlüssel hierzu liegt unter der Erde.
Wasser und Nitrate sinken in der Regel tief in den Boden, während
Phosphate im Oberboden in der Nähe der Oberfläche vorhanden sind. Wenn
wir Pflanzensorten auswählen und züchten können, die den Oberboden
besser nutzen und tiefer wurzeln, können wir mehr Lebensmittel
produzieren und damit die benötigten Düngermengen senken.
Es ist eine Art "technisches Problem", für dessen Lösung wir jedoch
die Gene erforschen müssen, die die Wurzeleigenschaften, wie z. B.
Winkel, Tiefe und Dichte, bestimmen.
Die Erforschung des Wurzelsystems – der "versteckten Hälfte" – ist
viel komplizierter als der oberirdischen Teile einer Pflanze. Sie können
unter künstlichen Bedingungen im Labor gezüchtet oder aus dem Boden
ausgegraben werden, aber bei einer lebenden Pflanze befinden sich die
Wurzeln unter der Erde und sind nur schwer zugänglich. "Das Projekt
FUTUREROOTS will die Technologie zur Messung und Analyse dieser
Wurzel-Architekturen verbessern", sagt Prof. Bennett.
Vor kurzem ist es Wissenschaftlern gelungen, auf nicht invasive Art
und Weise Aufnahmen von lebenden Wurzeln zu machen, während diese noch
im Boden wachsen. Die Röntgen-Computertomographie (CT) ist besser
bekannt als medizinisches Scanverfahren, bei dem Bilder des Inneren des
menschlichen Körpers erstellt werden. Dank der Fortschritte in der
Technologie lassen sich damit jetzt auch die feinsten Wurzelhaare
untersuchen.
"Aber bis jetzt konnten nur Computertomografien kleiner Bodenvolumen
angefertigt werden", so der Professor, "sagen wir einmal von der Größe
einer Kaffeetasse, was nicht ausreicht, um das tiefreichende
Wurzelsystem der Kulturpflanzen zu untersuchen."
Röntgenblick
Die Lösung brachten Fortschritte in der CT-Scanner-Technologie in
der Luftfahrtindustrie: Ein zimmergroßer Scanner, mit dem Motor- und
Flügelteile überprüft werden, kann Bodenproben mit einer Länge von 1
Meter, einem Durchmesser von 0,25 Meter und einem Gewicht von bis zu 80
kg darstellen.
"Mittel aus dem Europäischen Forschungsrat, der Wolfson-Stiftung und
der Universität Nottingham haben es uns ermöglicht, eine einzigartige
Plattform an Wurzelbildern aufzubauen, die Hounsfield Facility", sagt
Prof. Bennett. Der ERC hat das neue Röntgen-Scan-Gerät bezahlt, mit dem
3D-Bilder des gesamten Wurzelsystems von Pflanzen gemacht werden können,
wie sie im Boden in einem hochmodernen, voll automatisierten
Gewächshaus wachsen.
"Das Gebäude wurde im Juli fertiggestellt, nur 12 Monate nach dem
Start des Projekts", fährt er fort. "Die Instrumente kommen in diesem
Herbst an und sind im Januar betriebsbereit."
Ein tief verwurzeltes Problem
Der Boden ist heterogen, 3D und komplex – wobei Wasser und
Nährstoffe überall verteilt sind. Ein CT-Scanner kann das Wasser, den
Boden und die Wurzeln zeigen – er fertigt hierfür eine Reihe von
"Schichtbildern" des Bodens an, Querschnitttsröntgenaufnahmen, die jede
Wurzel nur als winzigen Punkt zeigen, an dem sie die Schicht durchquert.
"Die Herausforderung besteht darin, die Wurzeln aus diesen
Querschnitten zu rekonstruieren", erklärt Prof. Bennett. "Wir waren in
der Lage, Objektverfolgungsverfahren anzupassen – ein Konzept, das in
der Sicherheitsbranche Anwendung findet, um Verdächtige aufzuspüren,
während sie sich durch Menschenmengen bewegen – um jede
Wurzelverzweigung zu erkennen und zu verfolgen und dann den Boden
'abzuziehen' ".
Prof. Bennett ist auch Direktor des Zentrums für integrative
Pflanzenbiologie (CPIB) an der Universität Nottingham, einem
interdisziplinären Zentrum, an dem Mathematiker, Ingenieure und
Informatiker sowie Pflanzen- und Bodenwissenschaftler arbeiten.
"Durch dieses multidisziplinäre Umfeld hatten wir die
unterschiedlichsten Einflüsse – ein fantastischer Schmelztiegel", sagt
er. "Wir müssen mit jeder Disziplin zusammenarbeiten, vom
Softwareingenieur bis zum Pflanzenbiologen, um dieses anspruchsvolle
Projekt anzugehen. Zwanzig von uns sind Mitglied im ERC-Forschungsteam –
wobei sechs Doktoranden vom ERC und der Universität mitfinanziert
werden. "
Das Zentrum arbeitet mit vielen internationalen Gruppen zusammen, u.
a. auch mit dem Institut de recherche pour le développement (IRD) in
Montpellier, Frankreich, und Professor Jonathan Lynch in den USA –
Pionier der zweiten grünen Revolution. Ziel ist es, bessere Pflanzen für
Europa und die Entwicklungsländer zu produzieren.
"Wir entdecken auch neue Mechanismen, mit denen Wurzeln nach Wasser
suchen", so Prof. Bennett abschließend. "Und wenn wir dadurch neue
Sorten von Nutzpflanzen erzeugen können, mit denen sich unter
schwierigen Bedingungen höhere Erträge erzielen lassen und die
Nährstoffe im Boden besser ausnutzen, hat das echte agronomische
Auswirkungen."
- Quelle: Prof. Malcolm Bennett
- Projektkoordinator: Universität Nottingham, Vereinigtes Königreich
- Projekttitel: Redesigning root architecture for improved crop performance
- Projektakronym: FUTUREROOTS
-
FUTUREROOTS Projektwebsite- RP7 Finanzierungsprogramm (ERC-Aufforderung): Advanced Grant 2011
- Finanzierung durch die EK: 3 500 000 EUR
Projektdauer: 5 Jahre
Ausgewählte Publikationen
"Developing X-ray Computed Tomography to non-invasively image 3-D
root systems architecture in soil." Plant and Soil Mooney SJ, Pridmore
TP, Helliwell J, Bennett MJ (2012) vol. 352, 1-22
"RooTrak: Automated
recovery of 3D plant root architecture in soil from x-ray micro
computed tomography using visual tracking." Plant Physiology Mairhofer
S, Zappala S, Tracy S, Sturrock C, Bennett M, Mooney S, Pridmore T
(2012) 158, 561-569