Winzige Partikel am Himmel geben Einblick in den Klimawandel

Wissenschaftler haben in einer Höhe von 8-14 km über dem Amazonasbecken extrem hohe Konzentrationen an Aerosolpartikeln entdeckt. Für den Klimawandel könnte diese Erkenntnis von entscheidender Bedeutung sein.

Aerosole, d. h. winzige Schwebeteilchen in der Atmosphäre, wirken sich erheblich auf den Klimawandel aus. Doch trotz ihrer schwerwiegenden Rolle weiß man über die Wechselwirkungen von Aerosolen noch wenig.

Ein Team von Wissenschaftlern, darunter auch mehrere im Rahmen des EU-Projekts A-LIFE geförderte Forscher, hat sich dieser Wissenslücke gewidmet und dazu Luftbeobachtungen von Aerosolen in der oberen Troposphäre (OT) über dem Amazonasbecken durchgeführt. Die Erkenntnisse der Wissenschaftler wurden in der Zeitschrift „Atmospheric Chemistry and Physics“ veröffentlicht.

Die Energie, die von der Sonne zur Erde gelangt, erreicht nicht die gesamte Oberfläche des Planeten. Ein Teil dieser Energie wird von Aerosolen und den dadurch entstehenden Wolken wieder in das All zurückreflektiert. Die meisten Aerosole reflektieren das Sonnenlicht und haben eine kühlende Wirkung auf die Erdatmosphäre. Zwei Beispiele für solche absorbierenden Aerosole, die auf die Atmosphäre aufheizend wirken, sind Mineralstaub und schwarzer Kohlenstoff.

Professorin Bernadett Weinzier, die leitende Forscherin des A-LIFE-Projekts, erklärt in einem Interview auf der Website des Europäischen Forschungsrates: „[S]chwarzer Kohlenstoff [Black Carbon, BC] ist nach CO2 derzeit die zweit- bis drittgrößte Ursache der globalen Erwärmung. Aufgrund der kurzen Lebensdauer von BC von wenigen Wochen – im Vergleich zu CO2, das Hunderte von Jahre in der Atmosphäre bleiben kann – wurde bislang vermutet, dass die Begrenzung der BC-Emissionen einen erheblichen Klimanutzen bringen könnte. Doch es bestehen noch erhebliche Unsicherheiten, und es könnte sogar sein, dass ein Teil der Absorption, die auf BC zurückgeführt wird, eigentlich durch Mineralstaub, insbesondere Mineralstaub in Mischungen, verursacht wird.“

Die über dem Amazonasbecken durchgeführten Beobachtungen boten neue Erkenntnisse über die Wechselwirkungen von Aerosolen in der Atmosphäre. Die Wissenschaftler stellten in der OT hohe Konzentrationen an Aerosolpartikeln fest – in manchen Regionen wurden zehntausende Partikel pro Kubikzentimeter gemessen. Die durchschnittliche Partikelkonzentration in der unteren Troposphäre (UT) lag hingegen bei nur 1 650 Teilchen pro cm3.

Die hohen Aerosolkonzentrationen in der OT stellen ein Partikelreservoir dar, das bis in den untersten Teil der Troposphäre – der sogenannten atmosphärischen Grenzschicht oder Peplosphäre (planetary boundary layer, PBL) – absinken kann. Diese Partikel haben in der OT eine lange Lebensdauer. Sie können daher große Distanzen bewältigen und die Zusammensetzung von Wolken in niedriger Höhe beeinflussen, wenn sie schließlich in die PBL absinken. Die OT kann sich daher in Regionen, in denen künstliche oder natürliche Aerosole seltener auftreten, ganz erheblich auf die Konzentration troposphärischer Aerosolpartikel auswirken.

Die Beobachtungen der Wissenschaftler offenbaren zudem einen enormen Unterschied zwischen der verschmutzten Atmosphäre von heute und der Atmosphäre der vorindustriellen Zeit. Die Aerosolkonzentrationen in der noch nicht verschmutzten, vorindustriellen Atmosphäre ähneln denen, die über dem Amazonas gemessen wurden: hoher Aerosolanteil in der OT, geringer Aerosolanteil in der unteren UT. In verschmutzten kontinentalen Regionen hingegen ist die Aerosolkonzentration in Bodennähe deutlich höher als in der OT. In einer Zeit, in der Klima und Umwelt vorwiegend durch den Menschen beeinflusst werden, hat sich das Profil der Aerosolkonzentration „völlig umgekehrt“, so die Autoren des Fachartikels. Für das Klima auf der Erde hat dies schwerwiegende Folgen. „Durch ihre Strahlungs- und mikrophysikalische Wirkung auf die Konvektionsdynamik können Aerosole außerdem die Luftfeuchtigkeit in der oberen Troposphäre erhöhen, die für die Strahlungsbilanz der Erde eine wichtige Rolle spielt, und könnten möglicherweise auch das Nukleationspotenzial von Aerosolen in der OT beeinflussen und dadurch zu einer weiteren Rückkopplung führen“, schlussfolgerten die Autoren.

Im Verlauf der nächsten zwei Jahre wird das A-LIFE-Projekt (Absorbing aerosol layers in a changing climate: aging, lifetime and dynamics) die Eigenschaften absorbierender Aerosole weiter untersuchen, um neue Daten über ihre Auswirkungen auf den Klimawandel zu gewinnen.

Weitere Informationen:
A-LIFE-Projektwebsite

veröffentlicht: 2018-04-20
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