Als Spurengase werden die selteneren Gase bezeichnet, die in der Erdatmosphäre vorkommen, wie etwa Kohlenstoff oder Wasserdampf. Doch trotz ihrer geringen Konzentration sind viele dieser Gase für den Treibhauseffekt verantwortlich. Es ist entscheidend zu verstehen, wie ihre chemische Zusammensetzung durch Luft-Meer-Austauschflüsse, die mit einem Wärme-, Massen- und Impulsaustausch zwischen der Atmosphäre und dem Ozean verbunden sind, beeinträchtigt wird.
Seit drei Jahrzehnten beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Wolkenbildung und ihren ambivalenten Auswirkungen auf steigende Temperaturen. Wolken wirken einerseits kühlend auf den Planeten, da sie die Solarenergie in das All zurückreflektieren. Andererseits wirken sie auch aufheizend, da sie die Wärme speichern und wieder zur Erde zurückstrahlen. Vor allem solche „Rückkopplungseffekte“, welche die Faktoren des Klimawandels entweder verstärken (positive Rückkopplung) oder abschwächen (negative Rückkopplung), stehen im Augenmerk der Wissenschaft und werden anhand eines komplexen Systems mit mehreren Variablen analysiert. Eine vollständige Quantifizierung dieser Wirkung ist bisher allerdings noch nicht gelungen.
Um auf diese Problematik einzugehen und zuverlässigere Prognosen zum Klimawandel zu erstellen, hat ein Team von Wissenschaftlern mit Unterstützung des EU-finanzierten STRATOCLIM-Projekts den westlichen tropischen Indischen Ozean (WTIO) während des Sommermonsuns beobachtet.
Laut einem Artikel der Wissenschaftler, der in der Fachzeitschrift
„Geophysical Research Letters“ erschien, gehört der WTIO in der Zeit des Sommermonsuns zu den weltweit größten Quellregionen von Dimethylsulfid (DMS). DMS bildet sich aus Phytoplankton – winzigen einzelligen Pflanzen, die nah an der Wasseroberfläche schweben – und stellt die größte Schwefelquelle in der Atmosphäre dar. Zur Wolkenbildung muss das Wasser vom gasförmigen in den flüssigen Zustand übergehen. Dies geschieht, indem es sich an winzigen Partikeln in der Luft, den sogenannten Wolkenkondensationskeimen, anlagert. Schwefelhaltige Aerosole, die aus DMS gebildet werden, ziehen den Wasserdampf an und lassen ihn kondensieren.
In der Zusammenfassung ihrer Ergebnisse wiesen die Forscher darauf hin, dass die Luft-Meer-Austauschströme von Spurengasen und ihre Umwandlung in Aerosole und Kondensationskeime eine wesentliche Rolle bei der Wolkenbildung in der Meeresumwelt spielen könnten. „Wolken und Aerosole beeinflussen die Strahlungsbilanz der Erde maßgeblich“, fügten sie hinzu.
Sie zogen direkt gemessenes DMS als Variable in ihrem quantitativen Modell heran und korrelierten diese Daten, sowie die Isoprenflüsse und Gischtströmungen, mit satellitengestützten Daten zur Aerosolanzahl, die während des Sommermonsuns über dem WTIO vorhanden war. Aerosole sind kleine Partikel oder Flüssigkeitströpfchen in der Atmosphäre, die je nach ihrer Zusammensetzung Sonnenlicht aufnehmen bzw. reflektieren können. Isopren zählt zu den wichtigsten Kohlenwasserstoffen, die sowohl durch die Vegetation als auch durch die Ozeane in der Atmosphäre freigesetzt werden.
Das Team schlussfolgerte: „Obwohl uns bewusst ist, dass Korrelationsergebnisse nicht zwangsläufig auf eine Kausalität hindeuten, stützen die Ensembleergebnisse die These, dass biogene Spurengase marinen Ursprungs – sowie die Gischt – die Aerosoleigenschaften auf regionaler Ebene beeinflussen.“
Das laufende Projekt STRATOCLIM (Stratospheric and upper tropospheric processes for better climate predictions) dient einem besseren Verständnis über die mikrophysikalischen, chemischen und dynamischen Prozesse, welche die Zusammensetzung der oberen Troposphäre und Stratosphäre bestimmen, sowie darüber, wie der Klimawandel diese Prozesse beeinträchtigen wird. Die Wissenschaftler hoffen, mit den verbesserten Klimamodellen belastbarere und präzisere Prognosen über das Oberflächenklima und das stratosphärische Ozon aufstellen zu können, um das Leben auf der Erde besser zu schützen.
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Projektwebsite:
STRATOCLIM-Projekt