Klimabedingte Veränderungen des Ozeans wirken sich im Nordpolarmeer besonders stark aus, da Phänomene wie die Meereisdecke, Hydrographie und Zirkulation die biologische Produktivität und die Zusammensetzung des Ökosystems beeinflussen. Unser Wissen über die genauen chemischen, physikalischen und biologischen Wechselwirkungen, die hinter diesen Vorgängen stehen, ist jedoch begrenzt, weshalb diese Auswirkungen des Klimas noch nicht umfassend verstanden werden.
Aus der Verteilung und isotopischen Zusammensetzung vieler im Meer vorhandener Spurenelemente und -gase lassen sich Informationen zu diesen biogeochemischen und physikalischen Prozessen ableiten. Diese hängen wiederum direkt mit der biologischen Produktivität, dem Kohlenstoffkreislauf und der Emission von Spurengasen zusammen, die sich auf das Klima auswirken. Einige dieser Stoffe sind wichtige Mikronährstoffe (z. B. Zink), wohingegen andere giftig sind (z. B. Quecksilber).
Da in der Arktis in Zukunft voraussichtlich mehr Ressourcen abgebaut werden und der Klimawandel auch im weiteren Sinne ein Thema ist, wird zur Beurteilung der Widerstandsfähigkeit und der zukünftigen Entwicklung des Ozeans wichtig sein, die Verteilung und den Kreislauf von Spurenelementen und Isotopen sowie gelöster Gase im Nordpolarmeer genauer zu verstehen. Die EU-finanzierte Initiative GEOTRACES-ARCTIC (ein Teil des größeren GEOTRACES-Programms) wurde ins Leben gerufen, um genau diese Daten durch in mehreren Ländern koordinierte Forschungsarbeiten zu erheben.
Überprüfung von Sedimenten, der Meeresoberfläche und Aerosolproben
ARCTIC GEOTRACES ist Teil eines größeren Programms zur Untersuchung der Weltmeere, in dem die Verteilung von Spurenelementen und Isotopen bei einer Reihe von Schiffsreisen in verschiedenen Teilen des Ozeans gemessen wurde, um mehr über die zugrunde liegenden Prozesse zu erfahren. Das in mehreren Ländern koordinierte Programm wird bis 2018 laufen und hat drei Hauptziele. Erstens sollen grundlegende geochemische Daten zum Nordpolarmeer gesammelt werden, zweitens sind die aktuellen biogeochemischen Verteilungen zu bestimmen und drittens soll prognostiziert werden, wie sich die biogeochemischen Bedingungen in der Arktis verändern werden. Die schiere Größe der Studie, die sich aus drei Programmen aus der EU, Kanada und den USA zusammensetzte und bei der Proben von Sedimenten, der Meeresoberfläche und von Aerosolen genommen wurden, bedeutet, dass ein großer Datenschatz gesammelt wird, dessen Auswertung viele Jahre in Anspruch nehmen wird. Es werden jedoch bereits Ergebnisse veröffentlicht, von denen einige kürzlich auf der Konferenz der „Association for the Sciences of Limnology and Oceanography“ in Hawaii vorgestellt wurden.
Ein Beispiel für im Ozean vorkommende Giftstoffe ist Quecksilber (Hg), und erhöhte Mengen in marinen Biomen der Arktis weist auf anthropogene Emissionen hin. Die EU-finanzierten Forscher konnten zum Wissen über Hg-Strömen in arktischen Flüssen (insbesondere denen in Eurasien) beitragen.
Auf der Konferenz stellten sie saisonale Beobachtungen zur Konzentration von gelöstem und in Partikeln vorkommendem Quecksilber und dessen Strömen in zwei großen eurasischen Flüssen vor, dem Jenissei und der Nördlichen Dwina. Die Forscher stellten sowohl während des Frühjahres- als auch während des Herbsthochwassers große Ströme von gelöstem und in Partikeln vorkommendem Hg fest. Nach weiterer Analyse korrigierten die Forscher die Gesamtkonzentration von Quecksilber auf 29 mg y-1, sodass Modellierer die Unsicherheiten hinsichtlich des in Kontinentalplatten eingeschlossenen Quecksilbers und des Transports von Hg-Teilchen von der Oberfläche in die Tiefen des Nordpolarmeeres besser untersuchen können.
Die Wissenschaftler untersuchten zudem die chemische Zusammensetzung des Nordpolarmeeres und des Meereises hinsichtlich CO2 und Carbonaten. Dies ist von Bedeutung, da die durch den Klimawandel ausgelöste Erwärmung der Meeresoberfläche in Kombination mit dem schneller abschmelzenden Meereis den nördlichen Ozean freigelegt und mit der Atmosphäre in Kontakt gebracht hat. Dies wirkt sich direkt auf den CO2-Austausch zwischen Luft, Eis und dem Ozean sowie auf den Karbonatgehalt des Wassers und die Versauerung der Meere aus.
Das Team untermauerte die These, dass der Mensch für die steigende Kohlenstoffkonzentration im Atlantik verantwortlich ist. In mittleren Meeresschichten (100–1500 m Tiefe) stellten die Forscher zudem wesentliche Anstiege des anthropogenen CO2 fest, konkret im Nansen-Becken (0,74 ± 0,10 mol C m-2 yr-1) und im Amundsen-Becken (0,95 ± 0,25 mol C m-2 yr-1). Dies führte in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem Abfall des pH-Werts um 0,02–0,05, was in diesen Tiefen durch geringere Calciumcarbonat-Sättigung zu einer schnellen Versauerung führte.
Eines der größten Forschungsprogramme mit Bezug auf die Arktis aller Zeiten
Die Partner von GEOTRACES stellten inzwischen mit Erfolg 1024 Stationen zur Probennahme fertig und führten 94 Schiffsreisen durch. Im GEOTRACES-Programm werden jedoch nicht nur mittels Schiffsreisen Daten gesammelt, sondern auch weitere Forschungsarbeiten unternommen, um bestimmte Regionen und Vorgänge zu untersuchen. Anschließend werden Vergleiche mit den interkalibrierten Daten zu Spurenelementen und Isotopen angestellt, die auf anderen Schiffsreisen erhoben wurden. Bei diesen Arbeiten sind stets die zutreffenden Kriterien und Leitlinien des Programms zu berücksichtigen und die Vorgaben des International GEOTRACES Steering Committee einzuhalten. Die Informationen zu den GEOTRACES-Schiffsfahrten werden vom GEOTRACES International Data Management Centre (GDAC) am British Oceanographic Data Centre in Liverpool im Vereinigten Königreich gespeichert.
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