Unser Sonnensystem ist voller Staub. Während Kometen ihre Bahnen ziehen und nahe der Sonne zu verdampfen beginnen, ziehen sie eine Spur aus kosmischem Staub hinter sich her. Einige dieser Partikel treten dann mit einer sehr hohen Geschwindigkeit (von 40 000 bis 260 000 km/h) in die Erdatmosphäre ein, wo sie auf Luftmoleküle treffen. Diese Kollisionen führen zu einer blitzartigen Erwärmung und somit zum Schmelzen und Verdampfen der Partikel.
„Wenn die Partikel größer als 2 mm sind, kann dieser Staub in Form von Meteoren beobachtet werden“, sagt CODITA-Projektleiter John Plane. „Die meisten Staubteilchen sind jedoch so klein, dass sie nur mit speziellen Meteorradaren nachweisbar sind.“ Zudem gibt es laut Plane, obwohl wir von der Existenz des Staubs wissen, wenig Hinweise darauf, wie viel kosmischer Staub in die Erdatmosphäre eintritt – die Schätzungen reichen von 3 bis 300 Tonnen pro Tag – und wie sich dies auswirkt.
Die Eigenschaften des Staubs
Die Forscher des CODITA-Projekts arbeiten daran, diese Frage zu klären. Vor diesem Hintergrund wurde die chemische Zusammensetzung der metallischen Moleküle und Ionen, die beim Verdampfen der Meteore freigesetzt werden, im Rahmen des Projekts mithilfe zwei experimenteller Systeme untersucht. Laut Plane konnten die metallischen Moleküle mit dem ersten System mittels eines Fluss-Röhrenreaktors nachgewiesen werden, der mit einem Flugzeitmassenspektrometer gekoppelt war. Bei diesem System werden die metallischen Moleküle sanft ionisiert. „Wir konnten die Reaktionen der metallischen Verbindungen wie Metalloxiden und Hydroxiden, die mit anderen Methoden nicht beobachtet werden können, erstmals erfolgreich untersuchen“, sagt Plane.
Auch beim zweiten Versuch wurde ein Fluss-Röhrenreaktor eingesetzt, diesmal jedoch in Verbindung mit einer Plasmaquelle und einem Quadrupol-Massenspektrometer. „Mit diesem System können wir die dissoziative Rekombination der metallhaltigen Ionen mit Elektronen studieren. Hierbei handelt es sich um den Vorgang, über den Ionen in der oberen Atmosphäre am häufigsten neutralisiert werden“, fügt Plane hinzu.
Staub in den Polarregionen
Diese Versuche belegen – in Kombination mit einem astronomischen Modell der Verteilung des kosmischen Staubs im Sonnensystem und Hochleistungs-Radarmessungen – dass täglich etwa 40 Tonnen dieses Staubs in die Atmosphäre unseres Planeten eintreten.
Doch was bedeutet das? Offensichtlich sammelt sich in der Erdatmosphäre eine große Menge Staub an, aber wie wirkt sich dies aus? Laut den CODITA-Forschern sind die Folgen klar erkennbar: „Die Metalle, die durch die verdampfenden Staubpartikel in die Atmosphäre gelangen, sind eine direkte sowie indirekte Ursache zahlreicher Phänomene“, sagt Plane.
Die Metalle kondensieren beispielsweise zu sehr feinen Partikeln, sogenanntem Meteorrauch, und tragen so zur Bildung leuchtender Nachtwolken bei. In den Sommermonaten können diese Eiswolken gelegentlich in den Polarregionen in 82 km Höhe beobachtet werden. „Diese Wolken wurden erstmals im Jahre 1886 beschrieben, und der Umstand, dass sie sich immer häufiger bilden, weist auf einen Klimawandel in der mittleren Atmosphäre hin, in der sich die Menge des vorhandenen Wasserdampfes erhöht und die Temperaturen sinken – im Vergleich zur unteren Atmosphäre sind dort also gegensätzliche Entwicklungen zu verzeichnen“, so Plane. „Meteorrauch wirkt sich auch auf die polaren Stratosphärenwolken aus, welche den Abbau der Ozonschicht verursachen, und trägt zur Ablagerung kosmischen Eisens im Südpolarmeer bei. Dieses stellt einen wichtigen Nährstoff für Plankton dar, der der Atmosphäre wiederum Kohlenstoffdioxid entzieht.“
Durch die im CODITA-Projekt geleistete Arbeit können die Auswirkungen des kosmischen Staubs sowie dessen Weg vom äußeren Sonnensystem bis auf die Erdoberfläche nun konsistent modelliert werden. Doch der Umfang des Projekts ist nicht auf die Erde beschränkt. Um die Effekte des kosmischen Staub in der Erdatmosphäre zu beleuchten, untersuchen die Projektforscher auch, wie sich der Meteorrauch auf anderen Himmelskörpern des Sonnensystems auswirkt, etwa auf die heiße Atmosphäre der Venus, die leuchtenden Nachtwolken des Mars oder die Benzolbildung auf dem Saturnmond Titan.
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