Einführung einer selbstinstallierenden Offshore-Windkraftanlage

Forscher haben eine Offshore-Windkraftanlage entwickelt, die unter kontrollierten Bedingungen im Hafen komplett vormontiert und vorkommissioniert werden kann.

Obwohl Windenergie eine wichtige nachhaltige Energiequelle darstellt, haben die Installationskosten der Windräder bislang verhindert, dass sie breite Anwendung findet. Dies trifft insbesondere auf Offshore-Windparks zu, deren große Hightech-Windturbinen direkt auf hoher See errichtet und instandgehalten werden müssen.

Dank eines innovativen Aufbauprozesses für Offshore-Windkraftanlagen, der im Projekt ELISA entwickelt wurde, konnte das traditionelle Hindernis für die Nutzung von Windenergie schließlich überwunden werden. Diese Innovation, ein voll funktionsfähiger 5 MW-Prototyp mit ELISA-Technologie, befindet sich auf den Kanarischen Inseln und ist die erste am Boden fixierte Offshore-Windkraftanlage, die vollständig ohne teure und knappe Schwerlastschiffe installiert wurde.

„Die ELISA-Technologie ist ein Vorreiter für die Entwicklung vollständig selbstinstallierender Offshore-Windräder“, sagt Projektingenieur José Serna. „Das gesamte System wird unter kontrollierten Bedingungen im Hafen komplett vormontiert und vokommissioniert, wodurch die Möglichkeiten der Industrialisierung erhöht und die Risiken der Montagearbeiten auf See minimiert werden.“

Teleskoparmtechnik

Für den 5 MW-Prototyp aus dem Projekt ELISA wurde ein Schwerkraft-Fundament eingesetzt, das im Wesentlichen als schwimmende Plattform dient, auf der ein automatisch ausfahrender Teleskopmast mit einem Windrad verankert ist. Jede Einheit – Plattform, Mast und Windrad – wird komplett an Land zusammengebaut. Sie wird anschließend mit konventionellen Schleppern an ihren Standort auf offener See gezogen. Dort wird sie gesichert und der Mast wird aufgerichtet.

„Man muss beachten, dass es derzeit nur drei oder vier Schwerlastschiffe in Europa gibt, die in der Lage sind, eine 8 MW-Turbine in Gewässern zu installieren, die tiefer als 40 Meter sind – und damit ist Europa im Vergleich zu anderen entwickelten Märkten noch führend“, meint Serna. „Mit anderen Worten wird dieses System auch für den europäischen Export in solche Märkte, wie die USA und Japan, eine große Bedeutung haben.“

Was dieses System so einzigartig macht ist, dass die Teleskopgestaltung des Masts so konzipiert wurde, dass sie den Schwerpunkt der Einheit absenkt. Das heißt, die Plattform dient als eigenstabiles Schwimmfahrzeug, auf dem die Besatzung das gesamte System im Hafen vormontieren kann. Weil die Anlage an Land zusammengebaut werden kann, und nicht in den offenen und häufig tückischen Gewässern des Ozeans, verringern sich die menschlichen Risiken, die so häufig bei der Montage von Windkraftanlagen auf offener See entstehen, enorm.

„Dass die Installation ohne den Einsatz eines Schiffs funktioniert, führt nicht nur zu erheblichen Kostensenkungen, sondern unterstützt auch den deutlichen Trend in Richtung größerer Offshore-Windkraftanlagen und ist somit ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Energiekosten eines Windparks“, erläutert Serna.

Sobald die Plattform an ihre Position auf See gezogen wurde, wird sie mit Ballast versehen, damit sie auf dem Meeresboden ruht. Wenn sie dann gesichert ist, wird der Mast mit Kabeln und konventionellen Schwerlitzenhebern in seine endgültige Position gehoben. Diese Litzenheber heben zunächst eine Ebene des Masts an, und werden dann erneut eingesetzt, um die nächste Ebene anzuheben. Und dann wieder die nächste und so weiter, bis der Mast vollständig errichtet ist. Zudem erhalten die Litzenheber Unterstützung durch die jeweilige Ebene darunter, die das ausfahrende Rohr ebenfalls leitet, wenn es sich in einem selbstinstallierenden Prozess erhebt, bei dem der Mast die einzige erforderliche tragende Konstruktion ist. Und das alles erfolgt von einer einzigen Zugangsplattform aus.

Viele Vorteile

„ELISA wird drastische Kostensenkungen beim Aufbau der Unterkonstruktion sowie bei der Installation von Offshore-Windkraftanlagen ermöglichen. Das wird eine strategische Rolle spielen, wenn sich Europa in Richtung eines kohlenstoffarmen und lokal produzierten Energie-Mix bewegen will“, so Serna. „Tatsächlich liegen die Kosten des zu entwickelnden Prototyps pro MW bereits unter den aktuellen Marktpreisen, trotz aller Investitionen, die für Hilfsinfrastruktur und -mittel erforderlich waren und deren Gesamtkosten einer einzigen Einheit zugeordnet wurden.“

Laut Serna kann das ELISA-System die Kosten gegenüber herkömmlichen Lösungen auf der Basis von Stahlplattformen oder XL-Monopiles deutlich reduzieren, nämlich um 30–40 %. Darüber hinaus spart der Nutzer Wartungs- und Instandhaltungsaufwand – erhebliche Kosten für Windräder, die täglich den schonungslosen Elementen der offenen See ausgesetzt sind.

Die Forscher behaupten, dass die Konstruktion dank des robusten, langlebigen sowie ermüdungsarmen und wartungsfreien Betonfundaments von ELISA länger hält und Betriebskosten gesenkt werden. Ein zusätzlicher Bonus ist, dass das System geräuscharm ist und in Bezug auf seine Auswirkungen auf das Meeresleben und die Kohlenstoffbilanz umweltfreundlicher als Stahlkonstruktionen ist.

Weitere Informationen:
CORDIS-Projektseite

veröffentlicht: 2016-10-18
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