Wissenschaftler, die die Auswirkungen des Klimawandels untersuchen, müssen verstehen, inwiefern sich verschiedene Umweltstressoren kombiniert auf Einzelorganismen, Populationen und Ökosysteme auswirken. In maritimen Ökosystemen scheinen Stressoren erheblichen Einfluss auf die Larvenstadien von Organismen zu haben.
Die meisten aquatischen Organismen durchlaufen ein sehr sensibles Larvenstadium, das es bis zur Ausreifung zu überleben gilt, damit der Fortbestand der Population gesichert wird. Allerdings unterscheiden sich selbst sehr nahe miteinander verwandte Arten im Hinblick auf deren Lebensweise und Ansiedlungsgewohnheiten. Dies wiederum kann sich erheblich darauf auswirken, wie diese auf Belastungen reagieren.
Im Rahmen eines von der EU geförderten Projekts mit dem Titel „EARL“ wurde die gemeinsame Rolle von Salinität und Temperatur (die jeweils durch den Klimawandel bedingt werden) sowie pharmazeutischer Produkte auf maritime Organismen untersucht. Die Forscher griffen auf drei eng miteinander verwandte europäische Garnelenarten (Palaemon serratus, P. longirostris und P. varians) zurück. Die Hypothese lautete, dass die Reaktionen von Garnelenlarven auf verschiedene Stressoren von deren Lebensverlauf abhängen.
Bei den verwendeten Arten handelte es sich um wirtschaftlich und ökologisch relevante Garnelen aus einem Mündungs-/Küstengebiet, die Umweltveränderungen ausgesetzt waren. Die Wissenschaftler wandten Werkzeuge aus dem Bereich der Ökologie und der Biochemie an, um eine Verbindung zwischen Larvenmerkmalen, Anpassungsstrategien und Larvenüberleben herzustellen.
Die Exposition mit pharmazeutischen Produkten wurde unter Anwendung einer Kontrollbehandlung durchgeführt und die Exemplare wurden drei ausgewählten pharmazeutischen Stoffen ausgesetzt. Die angewandten Konzentrationen entsprachen denen der Umgebungen. Die Exemplare wurden ebenfalls Konzentrationen ausgesetzt, die 20 bis 40 Mal höher waren, als Konzentrationen, die in der natürlichen Umgebung vorherrschten, um Grenzkonzentrationen zu untersuchen, die subletale Effekte haben.
Bei den drei ausgewählten pharmazeutischen Stoffen handelte es sich um Diclofenacsodium, Clofibrinsäure und Clotrimazol. Die Resultate zeigten, dass die Effekte dieser innovativen Stoffe bei den verschiedenen Modellexemplaren unterschiedlich waren und sich verstärkten, wenn die Garnelen unter zusätzlicher Belastung standen.
Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass bei der Beurteilung der Effekte innovativer Stoffe Umweltbelastungen für die Gestaltung von Experimenten berücksichtigt werden sollten. Dies umfasst die Berücksichtigung eines interspezifischen Ansatzes zu Lebensverläufen und mehr als einer Entwicklungsstufe (Ei, Larve, Reifung, Ausreifung) bei Arten mit komplexen Lebenszyklen.
Das EARL-Projekt schließt eine aktuelle Lücke wissenschaftlicher Kenntnisse, da die Forschung im Hinblick auf die Larvenbiologie und die merkmalbedingten Auswirkungen auf die maritime Umgebung dünn gesät ist. Die Projektmethoden können als Grundlage für zukünftige Forschung im Hinblick auf die Effekte pharmazeutischer Stoffe auf physiologische Prozesse oder im Hinblick auf die Effekte der Umweltverschmutzung auf Ökosysteme verwendet werden.
Die Resultate der EARL-Initiative werden ferner dazu beitragen, Veränderungen von Beständen vorhersagen zu können und Forschungseinrichtungen bei der Anpassung an zukünftige Klimabedingungen behilflich sein.