Das Rätsel des verschwindenden Mülls im Meer
Denkt man an die Ozeane dieser Welt, dann stellt man sich wahrscheinlich tiefe, dunkle Wasser, exotische Meereslebewesen und tadellose Wellen vor. Man denkt eher nicht an riesige Inseln aus Plastikmüll wie den Großen Pazifikmüllstrudel (Great Pacific Garbage Patch), eine riesige Abfallansammlung, die angeblich größer als die Landfläche der USA sein soll. Es bestand die Befürchtung, dass Ansammlungen von Kunststoffabfällen wie diese auf die gleiche Weise anwachsen wie unsere Plastikproduktion der letzten Jahrzehnte. Doch Wissenschaftler haben nun entdeckt, dass sich diese schwimmenden Gebilde auf rätselhafte Weise zurückbilden - und das ist kein gutes Zeichen...
Forbes berichtet, dass der Kunststoff möglicherweise in die Tiefsee hinabgezogen werde: "Verschiedene Meerespflanzen und Tiere könnten sich an den Müll anheften - sogenanntes Biofouling setzt ein - wodurch dieser schwerer wird und nicht mehr an der Oberfläche schwimmt. Andererseits werden die winzigen Kunststoffpartikel von kleinen Meeresbewohnern verspeist, die dann ihrerseits von größeren Fischen gefressen werden, die dann schließlich in der menschlichen Nahrungskette landen könnten."
Eine weitere Möglichkeit ist, dass Meeresbakterien den Kunststoff in kleinere Teile bis in den submikroskopischen Bereich aufspalten. Ein viertes Szenario, dem laut Forbes die Autoren der Studie nur wenig Beachtung schenken, ist, dass die kleineren Partikel angeschwemmt werden könnten.
Live Science zitiert Andrés Cózar, Koautor der Studie und Ökologe an der Universität Cádiz: "Die Tiefsee ist eine große Unbekannte. Leider würde die Ansammlung von Plastik in der Tiefsee dieses mysteriöse Ökosystem - das größte der Welt - verändern, bevor wir es überhaupt kennengelernt haben."
Life Science zufolge haben die Forscher ihre Schlussfolgerungen aus der Analyse von Plastikabfall in den Meeren sowie aus den weltweiten Kunststoffherstellungs- und -entsorgungsraten gezogen. "In den 1970er Jahren schätzte die Nationalen Akademie der Wissenschaften, dass jedes Jahr etwa 45 000 Tonnen Kunststoff in die Meere gelangt. Seither hat sich die weltweite Produktion von Kunststoffen verfünffacht. Cózar und seine Kolleginnen und Kollegen wollten die Größe und das Ausmaß des Müllproblems in den Meeren verstehen."
Das Forschungsteam umschiffte dafür 2010 mit dem Forschungsschiff Malaspina den Globus und sammelte in dieser Zeit Proben des Oberflächenwassers und maß die Kunstoffkonzentrationen. Das Team analysierte auch Daten von mehreren weiteren Expeditionen, insgesamt 3 070 Proben.
Angesichts des drastischen Anstiegs der Kunststoffproduktion seit den 1970er Jahren schätzten die Forscher, dass in den Ozeanen Millionen Tonnen Müll vorhanden sein könnten. Der überwiegende Anteil der kleinen Plastikstückchen, die kleiner als 5 mm sind, fehlte allerdings. In der Zusammenfassung der Forschungsarbeit heißt es: "Die globale Kunststofflast auf der Oberfläche des offenen Meeres wurde auf zehntausende Tonnen geschätzt, weit weniger als erwartet. Unsere Beobachtungen hinsichtlich der Größenverteilung des schwimmenden Plastikmülls weisen auf wichtige größenselektive Senken hin, in denen millimeterkleine Fragmente schwimmenden Plastikmülls im großen Maßstab verschwinden."
Es scheint, dass das Rätsel des verschwindenden Mülls im Meer vorerst ein Rätsel der Ozeane bleiben wird!
veröffentlicht: 2015-01-02