CCL-Technologie für den Einsatz in Kohlekraftwerken bereit machen

Zu den Technologien für CO2-Abscheidung der zweiten Generation zählt das „Calciumcarbonat-Looping-Verfahren“ (CCL). Doch auch wenn dieses als weniger toxisch als seine Alternativen gilt und erwiesenermaßen nur mit geringen Effizienzeinbußen einhergeht, ist diese Technologie noch weit von der Marktreife entfernt. Die durch SCARLET erreichten Durchbrüche könnten die Technik einen Schritt voranbringen.

Das Projekt SCARLET (Scale-up of Calcium Carbonate Looping Technology for Efficient CO2 Capture from Power and Industrial Plants) setzte dort an, wo die vorausgehenden Arbeiten der Technischen Universität Darmstadt endeten: Seit April 2014 entwickeln die Forscher eine bereits bestehende Pilotanlage mit 1 MW thermischer Leistung weiter, um sie die Anforderungen, die an industrielle Anlagen gestellt werden, so weit wie möglich erfüllen zu lassen.

Dr. Jochen Ströhle und sein Team erhoffen sich, mit den gewonnenen Versuchsdaten den Bau einer weiteren Pilotanlage mit 20 MWth am französischen Emile-Huchet-Kohlekraftwerk zu ermöglichen. Der Kohlesektor dürfte in den kommenden Jahren das größte Interesse an CCL-Technologie zeigen.

Weshalb übertrifft CCL andere Technologien, mit denen das gleiche Ziel verfolgt wird?

Genau wie bei anderen Post-Combustion-Technologien wird das im Rauchgas enthaltene CO2 in einem Reaktor absorbiert und in einem anderen desorbiert.

Ein wichtiger Vorteil von CCL ist, dass als Sorptionsmittel das natürliche Mineral Kalkstein eingesetzt wird, das weltweit kostengünstig und breit verfügbar sowie umweltverträglich ist. Der größte Vorzug von CCL besteht im Vergleich zu anderen Technologien auf Basis flüssiger Sorptionsmittel darin, dass das Verfahren bei hohen Temperaturen von über 650 °C angewandt wird. Das bedeutet, dass die für die Regeneration des Sorptionsmittels benötigte Wärme in einem hocheffizienten Dampfzyklus zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Dies führt zu recht geringen Effizienzeinbußen, die sich bei Kohlekraftwerken im Bereich von sechs bis sieben Prozentpunkten bewegen (einschließlich CO2-Kompression), was ähnliche Technologien deutlich unterbietet. Des Weiteren sind die Kosten der CO2-Vermeidung wesentlich niedriger.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie mit Ihren Feldversuchen in der 1-MWth-Anlage gewannen?

Ein Problem von CCL ist, dass das Sorptionsmittel durch Sintern und Sulfatieren sowie durch die Verdünnung mit Asche deaktiviert wird. Daher muss zum Ausgleich stetig Kalkstein nachgegeben werden. Diese Deaktivierung und Verdünnung schreitet jedoch nur sehr langsam voran, weshalb ein stabiler Zustand im Kraftwerk erst nach etwa 50 Stunden kontinuierlichen Betriebs erreicht werden kann.

Der größte Erfolg der 1-MWth-Pilotanlage war, dass für verschiedene Zugabegeschwindigkeiten, Brennstofftypen (Braun- und Steinkohle), Brennstoffpartikelgrößen, Kalksteintypen etc. mehrere solcher stabiler Betriebspunkte erreicht werden konnten. Bei mehreren solchen stabilen Betriebspunkten konnte für die CO2-Abscheidung ein Wirkungsgrad von über 90 % erzielt werden.

Was sind die bedeutendsten Probleme, die beim Scale-up auf eine 20-MWth-Anlage entstehen könnten, und wie möchten Sie diese lösen?

Da die Reaktoren auf bewährter Technologie für zirkulierende Wirbelschichtfeuerung basieren, erwarten wir bei der Vergrößerung der Reaktoren keine Schwierigkeiten. Eine Herausforderung ist, den Feststofftransfer zwischen den Reaktoren angemessen zu steuern. Verschiedene Konzepte wurden mit Experten für Wirbelschichtfeuerung diskutiert, und einige dieser Konzepte wurden mit einem skalierten Kaltflussmodell erfolgreich getestet. Die größte Unsicherheit beim Scale-up der CCL-Technologie bestand tatsächlich bei der Leistungsbestimmung des Sorptionsmittels unter Berücksichtigung der bereits erwähnten Deaktivierungs- und Verdünnungseffekte. Mithilfe der in den Pilotversuchen gewonnenen Erkenntnisse wurden Modelle validiert, mit denen die Leistung des Sorptionsmittels prognostiziert werden soll, was wiederum die Konstruktion der 20-MWth-Anlage ermöglichen würde.

Auf welche im Projekt erzielten Erfolge sind Sie besonders stolz?

Besonders stolz macht mich die Tatsache, dass wir die Pilotanlage über 1 000 Stunden im CO2-Abscheidungsmodus betrieben haben, sodass wir eine umfassende Datenbank erstellen konnten, die nun zur Validierung von Modellen und zur zuverlässigen Beurteilung des CCL-Verfahrens herangezogen werden kann.

Wie hat die Industrie bislang reagiert?

GE Carbon Capture war als wichtigster Innovator für CCL-Technologie intensiv an der Planung und Auswertung der 1-MWth-Pilotversuche beteiligt. Das Unternehmen ist mit den Ergebnissen sehr zufrieden, insbesondere damit, dass wir für verschiedenste Betriebspunkte stabile Bedingungen erzielen konnten. Nun kann es hinsichtlich der Entwurfsmethodik des CCL-Verfahrens selbstbewusster auftreten.

Die in das Projekt eingebundenen Endnutzer, darunter Kraftwerksbetreiber und Zementhersteller, freuten sich über die vergleichsweise geringen CO2-Vermeidungskosten der CCL-Technologie.

Wie geht es mit der 20-MWth-Anlage voran?

Ziel von SCARLET war es, einen grundlegenden Entwurf einer 20-MWth-Anlage zu liefern. Diese Anlage wurde also noch nicht gebaut. Der Aufbau und die geschätzten Kosten entsprechen aber unseren Erwartungen.

Wie werden Sie jetzt vorgehen, nun da das Projekt abgeschlossen ist?

Der nächste Schritt könnte der Bau und Betrieb einer 20-MWth-Pilotanlage zur industriellen Demonstration der CCL-Technologie sein. Eine solche Anlage erfordert jedoch viele Ressourcen und umfassende Einbindung der Industrie.

Leider sind CO2-Zertifikate recht günstig, weshalb der Einsatz von CCL-Technologie für die industriellen Partner, insbesondere die Kraftwerksbetreiber, in sehr naher Zukunft wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheinen wird. Daher wären hohe Summen öffentlicher Fördermittel notwendig, um dies umzusetzen.

CCL-Technologie könnte allerdings für Zementfabriken interessant sein, da diese Anlagen im Grunde mit derselben Ressource arbeiten, die auch die CCL-Technologie nutzt – Kalkstein. CCL ist also besonders interessant für Zementanlagen, da deren CO2-Emissionen zu einem großen Teil bei der Kalzinierung des Kalksteins entstehen und nicht durch die Anwendung erneuerbarer Energiequellen vermieden werden können. Daher könnte die Errichtung einer CCL-Pilotanlage mit 10 bis 20 MWth an einer Zementfabrik eine denkbare Option für das Scale-up von CCL-Technologie darstellen.

SCARLET
Gefördert unter FP7-ENERGY
Projektwebsite

Datum der letzten Änderung: 2017-08-03 17:15:01
Kommentare


Privacy Policy